Name:Patricia Grove

Beruf: Doktorandin an der Deutschen Sporthochschule Köln und Projektmanagerin bei in safe hands e.V.

Sport: Padel, Fußball, Tennis

Social Media: Instagram

Interview mit Patricia

Hallo Patricia, wie ist dein Werdegang und woher kommt dein Interesse am Sport?
Mit fünf Jahren habe ich zu meiner Mama gesagt: „Ballett will ich nicht machen. Ich will Fußball spielen!“ Ein paar Tage später stand ich bei den Minikickern als einziges Mädchen in einer Jungstruppe auf dem Fußballplatz. Auch der Tennisplatz war mein zweites Zuhause als Kind und so fing ich an, immer mehr zu spielen und zu trainieren, bis ich mit 12 Jahren im Verbandskader und in Deutschland Top 10 war. Doch der Druck, alleine auf dem Platz zu stehen, für sich zu kämpfen und in den nicht immer förderlichen Strukturen des Tennisleistungssports gefangen zu sein, führte mich zu der Entscheidung, nur noch Fußball zu spielen. Ich wechselte mit 10 Jahren in einen Frauenfußballverein und spielte dort in der höchsten Jugendfußballliga für Juniorinnen Deutschlands. Auch international waren wir unterwegs und kamen sogar ins Finale beim weltgrößten Jugendfußballturnier in Göteburg/Schweden, welches wir vor 12000 Zuschauern austragen durften. Mit 17 Jahren stand dann eigentlich der Sprung in unsere Damenbundesligamannschaft an, der jedoch aufgrund meines Kreuzbandsrisses im letzten Saisonspiel ausgebremst wurde. Nun habe ich Padel – eine Sportart, die ins insbesondere in Spanien boomt und eine Mischung aus Tennis und Squash ist, für mich entdeckt. Dieses Jahr konnte ich mit der Damennationalmannschaft die Top 8 bei den Europa- und Weltmeisterschaften erreichen.

 

Im Rahmen deiner sportlichen Laufbahn hast du schon viele Sportarten erfolgreich ausprobiert, sowohl Einzel- als auch Teamsportarten. Hast du nach all den Jahren einen Lieblingssport?
Mein absoluter Lieblingssport derzeit ist Padel. Die laut Jürgen Klopp „geilste Sportart der Welt“ ist dynamisch, spaßig und sozial. Für mich perfekt, da man nicht alleine auf dem Platz steht, sondern immer zu zweit. Dazu ist die Padelszene locker, offen und gesellig und es macht einfach nur Spaß nach einem langen und hart umkämpften Ballwechsel seinem:seiner Spielpartner:in ein High-Five zu geben.

 

Du bist eine der erfolgreichsten Padelspielerinnen in Deutschland. Padel gilt spätestens seit 2020 hierzulande als neueTrendsportart, wie kamst du dazu?
In meinem Sportstudium an der Deutschen Sporthochschule Köln haben wir im Tenniskurs ein Schnuppertraining im Padel gemacht. Ich war sofort Feuer und Flamme und wusste, das wird mein Sport.

 

Viele Trendsportarten haben den großen Vorteil, dass die Strukturen noch relativ neu und wandelbar sind. Siehst du Chancen und Hindernisse für den Padelsport, um gendergerechte und progressivere Strukturen zu schaffen?
Chancen sind auf jeden Fall vorhanden, einfach weil diese Sportart noch in der Entwicklung in Deutschland ist. Wichtig ist, dass man nicht veraltete Strukturen aus anderen Sportarten übernimmt, sondern direkt neue Zeichen setzt. Das fängt bei der Berichterstattung an. Beiträge von „neutralen“ Instanzen über uns bei der EM mit der Beschreibung „…und hübsch sind sie auch noch.“ zu betiteln und die sportliche Leistung nicht in den Vordergrund zu stellen beziehungsweise nicht zu erwähnen, sollte dringend begradigt werden. Kampagnen wie #showusequal machen auf den Missstand der weiblichen Objektivierung und das Ziel einer gleichwertigen Berichterstattung von Frauen und Männern (85 % der Sportberichte sind über Männer (Rulofs, 2017)) aufmerksam und sollten mit voller Überzeugung Einzug in die Sportart halten. Ich muss dazu sagen, bei der WM Berichterstattung konnten wir dieses Ziel schon zum größten Teil erreichen. Doch dieses muss sich in allen Bereichen fortsetzen, sei es auf der strukturellen Ebene, bei der Besetzung der wichtigen Ämter in den Verbänden oder bei der Förderung der Spieler:innen. Dazu braucht es eine Menge Offenheit, Innovation und Kompetenz in den Verbandsstrukturen, was sich hoffentlich in den nächsten Jahren mehr zeigen wird, um die Nationalmannschaften professioneller, transparenter und gemeinnütziger zu unterstützen. Immer mit dem Ziel, die Strukturen nicht als unterdrückendes Machtmittel auszuüben, sondern als Chance zur Weiterentwicklung einer gendergerechten Sportwelt zu nutzen. Aber ich bin da voller Zuversicht und optimistisch, dass dieses funktionieren wird.

Valerie mit anderen Personen

Mittlerweile promovierst du an der Deutschen Sporthochschule. Woran forschst du und was fasziniert Dich an der Sportpsychologie?
Im Sport wird der menschliche Körper immer wieder an seine absoluten Grenzen gebracht. Doch nur körperlich viel trainieren, ist kein Erfolgsrezept. Im Spitzensport werden die letzten Prozente, die über Sieg oder Niederlage entscheiden, im Kopf ausgemacht. Stresssituationen wie Wettkämpfe können das psychologische Phänomen „Reinvestment“ in Sportler:innen auslösen. Dabei versuchen die Sportler:innen die Bewegungen bewusst kognitiv zu kontrollieren, um eine Leistungssteigerung zu bewirken. Sie reinvestieren also ihr vorhandenes, gelerntes Wissen über die Bewegung in die kognitive Kontrolle der Bewegungsausführung. Paradoxerweise kann dieses eher zu Leistungsverschlechterungen führen, weil der automatische flüssige Bewegungsablauf gestört wird. Reinvestment ist auch mit einem hohen Grübeln und Ruminieren über zuvor schlecht getroffene Entscheidungen verbunden, was zu einem verschlechterten Aufmerksamkeitsfokus auf die wichtigen Informationen führen kann und ebenso die Leistung mindern kann.

Ich möchte diesen Sportler:innen helfen und bestenfalls eine Intervention, also eine Trainingsmaßnahme entwickeln, die auf „Mindfulness“ basiert. Dieses könnte grob gesagt, den Athlet:innen helfen, im Hier und Jetzt zu sein, Emotionen zu akzeptieren und loszulassen und ablenkende Gedankenabschweifungen zu detektieren und zu refokusieren. Dieses wiederum könnte zu Höchstleistungen im Sport führen.

 

Hast du jemals in deiner sportlichen und/oder beruflichen Laufbahn mit Vorurteilen aufgrund deines Geschlechts kämpfen müssen?
Leider ja, denn als blonde Frau, die Fußball spielt und in der Forschung unterwegs ist, wird man mit den typischen Stereotypen immer wieder konfrontiert. Das fängt an, dass man von manchen Dozenten weniger ernst genommen wird und Sprüche gedrückt bekommt. Einmal wurde ich vom Dozenten mit „Blondie“ in einer Prüfung begrüßt, ohne dass ich überhaupt ein Wort gesagt habe und mein Wissen abgefragt wurde. Es wurde einfach nur nach Äußerlichkeiten beurteilt und die Machtposition unfair ausgespielt. Aber ich habe mich davon nicht zu sehr beirren lassen und trotzdem mein Bestes gegeben, so dass ich am Ende meines Studiums für den besten Abschluss aller Studiengänge an der Deutschen Sporthochschule geehrt wurde.

Im Sportkontext habe ich mich auch nicht unterkriegen lassen und zum Beispiel immer versucht, den Menschen mit der Annahme „Fußball ist doch ein Männersport, Frauen haben Röcke an.“ zu zeigen, dass es auch anders geht und sich sogar beides vereinigen lässt.

Frauen haben das Recht, die Sportart auszuüben, auf die sie einfach Bock haben. Egal was sie dabei für Klamotten tragen und wie sie dabei aussehen möchten. Leben und leben lassen.

 

Gibt es bestimmte Personen, die dich auf deinem Weg unterstützen?
Definitiv meine Eltern. Auch wenn mein Vater vor ein paar Monaten gestorben ist. Er wäre sicherlich weiterhin stolz auf mich. Aber auch mein Bruder, der Rest meiner Familie und meine Freund:innen, die bei all meinen Schritten in meinem Leben zur Seite stehen und für mich da sind, unterstützen mich immer wieder. Das weiß ich sehr zu schätzen und bin dankbar dafür.

 

Was waren deine größten Herausforderungen und Rückschläge?
Das war definitiv mein Kreuzbandriss mit 17 Jahren beim Fußball, der mich vorerst vom Leistungssport wegbrachte. Dann kam eine zweite Knie OP und eine Handgelenks OP. Aber ich habe mich zurück gekämpft und bin jetzt wieder fit und voller Tatendrang mich stetig weiterzuentwickeln.

 

Und zum Abschluss: Was ist dein Tipp an andere?
Die wichtigste Sache ist: Das Leben, so lange es geht, zu genießen!

Wir Frauen sollten selbstbestimmt und mutig sein. Dinge einfach ausprobieren und machen. Uns nicht von flapsigen Sprüchen, unnötigen Entmutigungen und Vorurteilen unterkriegen lassen. Unser Handeln sollten wir nicht davon abhängig machen, was laut anderen Menschen typisch weiblich ist oder nicht.

Denn was ist überhaupt typisch weiblich? Wer bestimmt das und wer sagt, wie man auszusehen und was man zu tun und zu lassen hat?

Wir sollten uns von starren Denkweisen und einer unfairen Ellbogenkultur wegbewegen hin zu mehr Ermutigungen, gegenseitiger Unterstützung, starken Frauen, die auch mal ohne Befürchtungen schwach sein dürfen und dieses gemeinsam als Stärke nutzen. Denn wenn nicht wir Frauen selbst uns gegenseitig empowern und für die Gleichberechtigung zusammen kämpfen, wer dann? Freiwillig wird sie uns keiner geben.

Zum Schluss sei noch gesagt: Ich wünsche mir eine vielfältige Weiblichkeit, bei der jede offen das sein kann, was sie will, solange sie fair bleibt und dabei niemals den Sportsgeist verliert. Denn die Welt ist bunt und das ist auch gut so.