Name: Ann-Kathrin Goltermann
Beruf: Studentin
Sportbezug: Fußballspielerin & ehemalige Schiedsrichterin
Homepage: www.fupa.net/spieler

Ann-Kathrins Story

In meiner Heimat Osnabrück bin ich direkt neben dem Sportplatz aufgewachsen. Schon als Dreijährige stand ich dort stundenlang am Zaun und habe lieber dem Spiel der Alten Herren zugeguckt, anstatt auf die danebenstehende Hüpfburg zu gehen. Meine Eltern hatten bis dahin mit Fußball nichts am Hut, aber haben schnell gemerkt, dass dieser Sport meine Leidenschaft werden sollte.

Angefangen habe ich dann mit vier Jahren in meinem Heimatverein SV Hellern und zwar, wie sollte es anders sein, in einer Jungenmannschaft. Zuerst hatte noch ein anderes Mädchen mit mir angefangen, doch schnell war klar, dass ich das einzige Mädchen in der Mannschaft bleiben würde. Neun Jahre lang habe ich mit den Jungs zusammengespielt. 

Neun Jahre, in denen ich eine unglaubliche Gemeinschaft gefühlt habe und eine tolle Zeit hatte. Ich war von Anfang an bei den Jungs voll akzeptiert: Wir waren in einer Schulklasse, haben viele Nachmittage zusammen verbracht und uns gegenseitig zu Kindergeburtstagen eingeladen. Dabei entstanden dann auch Situationen wie: „Ich lade keine Mädchen zu meinem Geburtstag ein. Außer Ann-Kathrin, aber die ist ja auch kein richtiges Mädchen.“

Auf der einen Seite war ich in meiner eigenen Mannschaft voll akzeptiert, auf der anderen Seite bekam ich häufig Sprüche von gegnerischen Mannschaften zu hören, wenn wir zu einem Spiel oder Turnier fuhren. „Guck mal, bei denen spielt ein Mädchen, gegen die gewinnen wir locker.“ „Mädchen können doch keinen Fußball spielen.“ Wie ich mit diesen Situationen umgegangen bin? Ich habe erstmal nicht darauf reagiert und die Sprüche ignoriert, um den Jungs dann im Spiel das Gegenteil zu beweisen. Für mich waren diese zum Teil beleidigenden Aussagen eine zusätzliche Motivation und es war jedes Mal wieder ein tolles Gefühl, nach Spielschluss oder guten Aktionen von mir in die wortlosen Gesichter zu schauen und die erstaunten Blicke zu ernten. Einige Jahre später verstummten auch die letzten Sprüche, denn mittlerweile gehörte ich zur Jungen-Kreisauswahl der Stadt Osnabrück – natürlich als einziges Mädchen.

Nach neun Jahren, die ich mit den Jungs zusammenspielte, hat sich die Mannschaft aufgelöst. Das war der Grund, weshalb ich innerhalb meines Vereins zu den Mädchen gewechselt bin. Eine Saison habe ich dort gespielt, ehe ich mit 14 Jahren das erste Mal den Verein gewechselt und mich dem FSV Gütersloh angeschlossen habe. Von nun an betrug der Weg zum Training nicht zwei Minuten zu Fuß, sondern eine Stunde mit dem Auto. Und nach 90 Minuten Training auch wieder eine Stunde zurück. Da ich auf meine Eltern als Fahrer angewiesen war, bin ich auch oft mit dem Zug gefahren. Das bedeutete dann pro Training insgesamt fünf Stunden reine Fahrzeit. Viermal die Woche Training, jeden Sonntag ein Spiel und manchmal ging ein ganzes Wochenende drauf, wenn das Ziel der Auswärtsfahrt Saarbrücken, Freiburg oder Potsdam hieß.

Natürlich muss man bei so viel Fußball manches andere hintenanstellen, doch ich hatte nie das Gefühl, etwas zu verpassen. Und die Erlebnisse mit der Mannschaft entschädigen für alles! Zwei Jahre U17-Bundesliga, dabei zweimal den Westfalenpokal gewonnen und zweimal Westdeutscher Meister sowie einmal Vizedeutscher Meister geworden. Zudem Einsätze in der 2. Frauenbundesliga und im DFB-Pokal. Diese Erfolge blieben auch den Jungs von früher nicht verborgen und ich hoffe, dass sie es sich seitdem zweimal überlegen, ob sie einem Mädchen einen solchen Spruch vor den Kopf werfen sollten.

Oft genug habe ich diese Sprüche auch in meiner zweijährigen Zeit als Schiedsrichterin gehört. Beleidigend wurde es nie, doch die Skepsis, ob ich als Mädchen denn überhaupt gut pfeifen könne, war unüberhörbar. Auch in diesen Situationen war es für mich ein weiterer Ansporn, gute Leistungen zu zeigen, nach dem Motto „Denen zeig ich’s“. 

Natürlich habe ich als Schiedsrichterin auch Fehler gemacht, doch die Jungs auf dem Platz haben schnell gemerkt, dass ich in meiner Funktion am längeren Hebel sitze und es keinen Sinn macht, zu diskutieren – auch wenn ich ein Mädchen bin.

Um meinen Werdegang noch zu Ende zu bringen: Nach fünf Jahren beim FSV Gütersloh bin ich im Oktober 2018 aufgrund des Studiums nach Bonn gezogen. Dort habe ich direkt beim SV Menden Anschluss gefunden und spiele seit dem Aufstieg 2019 in der Frauen-Regionalliga West.

Mein Tipp an andere:

Lasst Euch niemals von den Sprüchen anderer Leute heruntermachen! Das Wichtigste ist, dass Ihr Eurer Leidenschaft und Eurem Herzen folgt. Denn nur das ist der einzig richtige Weg! Sprecht mit Eurer Familie und besten Freundinnen über Eure Ängste und Sorgen. Glaubt mir – sie wollen nur das Beste für Euch und auf sie ist am meisten Verlass. Mein Motto ist eine Textzeile aus dem Lied „Bei meiner Seele“ von Xavier Naidoo:

„Du musst dein Leben leben oder dieses Leben macht mit dir was es will.“