Name: Aurora Andrea Bollingberg Wørzner
Beruf: Angestellte bei einem privaten Optiker
Sportbezug: Basketball-Bundesliga-Schiedsrichterin
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Schwarz Weiß Bild von Aurora mit einem Basketball als Schiedsrichterin

Interview mit Aurora

Wie ist dein sportlicher Werdegang & woher kommt deine Liebe zum Basketball?

Mit 4 Jahren begann ich mit dem Basketball spielen, da ich nach dem Motto lebte „was meine beiden älteren Brüder (9 und 11 Jahre älter) machen, will ich auch machen, um denen zu zeigen, dass ich es besser kann.“ Ich habe über die Jahre, bis ich 16 wurde, nie aufgehört mit dem Spielen, bis es dann zu Unstimmigkeiten innerhalb meines Vereins kam. Daher hatte ich beschlossen, mit dem Spielen aufzuhören und meinen Fokus auf die ein Jahr zuvor (Dezember 2015) begonnene Schiedsrichterkarriere zu legen. Diese hatte zunächst mein Interesse geweckt, da meine beiden älteren Geschwister auch diesen Weg eingeschlagen haben.

Mein ältester Bruder jedoch ist 2013 an Krebs gestorben, weshalb meine Motivation im Pfeifen ihm galt, das zu erreichen, was er nicht mehr erreichen konnte. Mein zweiter Bruder hatte im selben Jahr, in dem ich angefangen habe, aufgehört zu pfeifen, weil er die Zeit dafür nicht weiter aufbringen wollte.

Bis zum Sommer 2019 habe ich mich dann bis in die Herren Oberliga hochgearbeitet und zwei Pre-Season Spiele in der 2. und 1. Regionalliga gepfiffen, als meine Motivation dann verloren gegangen ist. Diese habe ich nach meinen Umzug nach Österreich wiedergefunden, und meine Karriere in Deutschland endgültig beendet. Im Herbst 2019 wurde ich in den Bundesligakader in Österreich nominiert. Seitdem bin ich auf nationaler Ebene in allen Ligen als Schiedsrichterin tätig, und will mich in diesen weiterentwickeln, um irgendwann auf der höchsten europäischen (für mich zu schaffenden) Ebene pfeifen zu können. Außerdem möchte ich dazu beitragen, dass es selbstverständlich ist, nicht nur drei männliche Schiedsrichter auf dem Feld zu sehen, sondern auch drei weibliche Schiedsrichterinnen.

Was liebst du so an deinem Sport?

Dieser Sport verbindet mich mit meinen Geschwistern, auch wenn diese keinen großen Bezug zu diesem Sport mehr haben. Außerdem begeistere ich mich für diesen Sport seit klein auf, und er ist damit ein Teil meiner Kindheit, meiner Jugend sowie meiner Gegenwart und Zukunft.

Aurora mit Basketball unterm Arm und Pfeife im Mund. Ein Spieler steht neben ihr.

Wie bist du Schiedsrichterin geworden?

Nachdem ich spielerisch nicht gut genug war, um eine professionelle Ebene zu erreichen und mir dieses erst deutlich zu spät in den Sinn gekommen ist, wollte ich es als Schiedsrichterin versuchen. Jedoch habe ich mich das erste Jahr sehr unwohl gefühlt und wollte dies deshalb auch nicht weiter in Richtung Profisport verfolgen, habe dann aber den Druck verspürt, es für meine Brüder und für unseren Namen fortzusetzen. Ich hatte mich zunächst dazu verpflichtet gefühlt, denn sonst würde es niemand anderer aus meiner Familie mehr tun, bis ich endlich verstand, dass ich es nur für mich selbst machen kann und für keinen anderen. Diese Erkenntnis brachte mich einen großen Schritt nach vorne.

Wie viel Zeit investierst du in deinen Sport?

Ich beschäftige mich täglich mit den Regeln und mit dem Sport an sich. Ich sehe mir viele Spiele an und beobachte Mechanics sowie Spielsituationen, wo Regelwissen gefragt ist, sehr intensiv. Außerdem simuliere ich viele Situationen im Kopf im Laufe des Tages oder vorm Schlafen, und wie ich diese nach den Regeln auflösen würde. Jede Situation, die super verzwickt und schwierig ist, wird sicherlich mindestens einmal in meiner Karriere auftreten. Wenn man diese im Kopf schon durchgespielt hat, ist es einfacher, sie in „real life“ schneller zu lösen.

Hast du oft mit Vorurteilen zu kämpfen?

Zu meinen Anfängen als Schiedsrichterin in den unteren Spielklassen wurde ich häufig angemacht oder aufs Äußere reduziert. Meiner Glaubwürdigkeit als Schiedsrichterin gab man nicht von Anfang an eine Chance. Während dieser Zeit ging ein Coach sogar so weit, dass er die Äußerung tätigte, „dass Frauen als Schiedsrichterinnen nichts auf dem Feld zu suchen haben.“

Je weiter meine Karriere nach oben ging, desto mehr hat diese Reduktion auf das Äußere nachgelassen, da man häufiger innerhalb einer Liga Kontakt mit den Spielern und Coaches hatte und diese als bezahlte Basketball-Profis auch eine professionelle Einstellung zum Thema Schiedsrichter, egal welchen Geschlechts, hatten. In den höheren Ligen war und ist daher ein gegenseitige Grundrespekt vorhanden, aber auch in der österreichischen obersten Liga kommen doch noch ab und an Bemerkungen wie „Sei doch nicht so schüchtern.“ Aber je besser man die Spielbeteiligten kennen lernt, sich selbstbewusst präsentiert und Entscheidungen selbst in die Hand nimmt, desto mehr Respekt erlangt man.

Trotzdem würde ich sagen, dass mir als Frau, vor allem als weiblicher Rookie in der höchsten Herren-Liga, eine Fehlentscheidung auf dem Feld schneller zum Verhängnis wird und meine Glaubwürdigkeit mehr leidet, als wenn diese einem Mann passiert.

Was würdest du den Menschen antworten, die immer das Bedürfnis haben, Männer- und Frauenbasketball miteinander zu vergleichen?

Beides hat für sich seine Attraktivität und man kann keine Frau mit einem Mann vergleichen, da beide Geschlechter für sich ihre Vorteile und Nachteile haben. Aber eins kann man sagen: Beide Geschlechter spielen den Sport, weil sie ihn lieben – und wie sie ihn spielen, ist jedem Geschlecht und jeder Persönlichkeit zu überlassen.

Gibt es Aspekte, in denen der Frauenbasketball eventuell sogar besser ist?

Frauen beschweren sich genauso häufig und mit derselben Intensität wie Männer. Frauen machen genauso Fehler, in Fouls, Turnover und Fehlwürfen wie Männer. Und Frauen haben wiederum das gleiche Ziel auf dem Feld wie die Männer: das Spiel mit den meisten Punkten gewinnen. Also nein, beides ist für sich dasselbe Ziel mit denselben Fehlern und Erfolgen.

Was sind deine schönsten Erinnerungen?

Mein allererstes Basketballspiel als Schiedsrichterin auf dem Feld mit meinem Bruder pfeifen zu dürfen.

Was waren deine größten Rückschläge?

Der Druck meinem verstorbenen Bruder gerecht zu werden, ihn stolz machen zu wollen und zu glauben, ich müsste die gleichen Schritte gehen, wie er sie gegangen ist.

Was sind deine (sportlichen) Ziele?

Die Chance zu erhalten, die besten Teams international pfeifen zu dürfen.

 

Mein Tipp an andere (die Basketball-Schiedsrichter*in werden wollen):

Sei du selbst, auch wenn es länger dauert herauszufinden, was für eine Art Schiedsrichter*in man sein möchte, aber nie die eigenen Werte leugnen. Pfeif, weil DU es möchtest und nicht, weil jemand anderer es will oder von dir erwartet.

 

Unser Hörtipp:

Im Podcast Talkin‘ the Game – NBA-Podcast sprechen Aurora und Fan von DIR Gründerinnen Lisa & Lisa über den Blog, Frauen im Sport und Auroras Story. Unbedingt anhören: https://open.spotify.com/episode/3yV8izZnfXAYSo4jmxIlqK?si=gYAZXIydR66p09VznK5OAg