Mein Name ist Thao Nguyen und ich bin 26 Jahre alt. Ich bin mehrfach lizensierte Diplom Sport- und Gesundheitstrainerin sowie Sport- und Fitnesskauffrau und bin stellvertretende Studioleitung in einem der Berliner Studios des FitX Service SE Unternehmens.

 

 

Thao im Park

Interview mit Thao

Wieso kamst du zum Sport? 

Ich war schon immer ein aktives Kind. Ich war immer eine von denen, die es kaum abwarten konnte, wenn Sport auf dem Stundenplan stand. Selbst um 07:00 Uhr früh.
 
Mit 13 Jahren fing ich mit Hip Hop und Streetdance an, in einem Verein den es schon länger leider nicht mehr gibt. So hangelte ich mich von einem Tanzverein zum nächsten und habe gefühlt in jedem Berliner Tanzverein Probestunden genommen, bis ich das Tanzen auf Eis legen musste, da meine schulische Leistung darunter litt. 
 
Mit 16 entdeckte ich das Fitnessstudio für mich. Ich habe aber bis heute nicht das Ziel, auf die Bühne zu gehen und eine von den Bikini-Athletinnen zu werden.  
 
Das Kraft- und Ausdauertraining hat es mir angetan und so blieb ich auch dabei. Zusehen, welche Leistungen ich erbringen konnte, hat mich vorangetrieben. Gegen einen durchtrainierten Körper hatte ich selbstverständlich auch nichts gegen.
 
Mit der Zeit habe ich in verschiedene Bereiche rein geschnuppert; unter anderem in den Calisthenic Bereich (Eigengewichtsübungen in Kombination mit klassischen Geräteturnen und diversen akrobatischen Übungen), sowie das olympische Gewichtheben. Freunde von mir haben das Potenzial in mir gesehen und mich dazu motiviert, mein „stupides Pumper-Training“ anzupassen. 
 
Lang hat dies leider nicht gehalten, da ich nun in eine ganz andere Richtung gelenkt wurde. Mein Lebenspartner war und ist bis heute noch im olympischen Gewichtheben tätig und hat mich ab und an mit in den Berliner TSC e.V. mitgenommen. Dort lernte ich eine ganz neue Welt kennen. Aufgrund der Schichtarbeit konnte ich jedoch nicht regelmäßig die Techniktrainings wahrnehmen, wie ich es gern getan hätte. Daher habe ich mich entschieden, den Verein zu verlassen. Dennoch haben mich diese drei Sportarten nie ganz losgelassen. 
 
Ich habe mich mittlerweile privat auf Eigengewichtsübungen spezialisiert, auf die Technik und Vielfalt zu dem der Körper im stande ist.  Außerdem trainiere ich weiterhin für mich und zu meinen Trainingszeiten und oft unter Aufsicht meines Freundes, die Ausführung der Grundübungen des oly. Gewichtheben. Die Kombination aus Schnelligkeit, Beweglichkeit, Koordination und Kraft fordern meinen Körper und mein Wissen auf eine ganz andere Art und Weise. Zudem bin ich motiviert, Personen mit Vorurteilen gegenüber dem oly. Gewichtheben aufzuklären; zu zeigen, dass eine 1,59m  große Frau stärker sein kann als es die Gesellschaft oft meint und wir dass das klischeehafte Bild einer Gewichtheberin nicht nötig ist. 
 
Auch das Tanzen habe ich nie aufgegeben. Heute tanze ich in meinen vier Wänden, auf der Tanzfläche im Club oder auf der Bühne in meinem Job als Kursleitung. 😀
 
Welchen Stellenwert hat der Sport in deinem Leben?
 
Sport ist vielfältig. Sport ist mehr als nur jahrelanges Training und das alles für eine Medaille. Sport bedeutet für mich, seinen Körper kennen und lieben zu lernen und eine gesunde Beziehung zu seinem Körper und Geist zu führen. Wie wichtig ist mir der Sport? Die Antwort ist: Ich kann mir ein Leben ohne Sport nicht vorstellen. 
 
Hast du (sportliche) Vorbilder?
 
Ich habe tatsächlich keine sportlichen Vorbilder als solches. Es gibt viele Menschen da draußen, die mich inspirieren. Nichts desto trotz versuche ich mir selbst ein Vorbild zu sein. In verschiedenen Ebenen des Lebens.
Thao im Fitnessstudio
Du bezeichnest dich bei Instagram selbst als #veganathlete. Wie kam es dazu?
 
#veganathlete .. wie ich schon angeschnitten habe in der vorherigen Frage zum Vorbild, versuche ich mir selbst ein Vorbild zu sein. Ich verbinde mit dem Sport einen gesunden Lebensstil und dies beinhaltet für mich eine ausgewogene gesunde vollwertige Ernährung und Bewegung. Ich ernähre mich seit 2018 nur noch pflanzlich und versuche mir selbst, aber auch den Menschen da draußen, zu zeigen, dass eine pflanzliche Ernährungsweise keinen negativen Auswirkungen auf meine sportliche Leistungsfähigkeit hat. Mittlerweile gibt es da draußen einige Sportler*innen, die das bestätigen, dass eine pflanzliche Ernährungsweise positive Auswirkungen auf die körperliche Fitness haben kann. Ich fühle mich stärker, fitter und unbeschwerter als zu den Zeiten als Mischköstlerin und kann es jeder Person nur empfehlen. Außerdem hat es einen „positiven Nebeneffekt“ auf den Klimawandel und die Umwelt (; 
 
Hast du auch oft mit Vorurteilen zu kämpfen? 
 
Vorurteile sind leider Bestandteil meines Alltags. Es beginnt damit, dass ich eine Frau bin und einen Job ausübe, von denen genug Menschen da draußen meinen, dass das ein Job für Männer sei. Trainingspläne werden bewusst bei mir abgelehnt, weil ich eine Frau bin, weil ich klein bin, weil ich nicht genau so viele Muskeln habe wie mein Gegenüber. Ich werde oft belächelt für meine Körpergröße und mein Geschlecht. Mich motivieren solche Vorurteile jedoch. Sie treiben mich an, noch besser und stärker zu werden, als sie es sich vorstellen können.
 
Es ist ein harter Kampf, aber ein Kampf den ich bisher gewinnen konnte. Wenn ich Menschen dabei helfe, ihr Ziel zu erreichen und diese auch deutlich sichtbar für alle sind, genau das ist meine Medaille. Ich muss niemanden was beweisen, um zu wissen, dass deren Vorurteil nicht der Wahrheit entspricht. Aber wenn ich was vorzeigen kann, dass deren Vorurteile widerlegt, ist das doch ein netter Nebeneffekt 😛 
Ich arbeite leider nun mal in einem Bereich, der sehr oberflächlich ist und wenn du nicht gerade wie Arnold Schwarzenegger aussiehst, musst du dir den Respekt mit Leistung erkämpfen.
 
Was ist dein bisher größter Erfolg im Sport?
 
Mein größter Erfolg war bisher jemanden bei der Gewichtsabnahme zu helfen. Disziplin und Ehrgeiz und mit dem richtigen Trainingsplan hat die Person -30kg verloren. Die Person hat sich in dieser Zeit auch menschlich so stark positiv verändert. Daran denke ich bis heute noch gerne zurück.
 
Bei meinen persönlichen sportlichen Erfolge bin ich sehr stolz darauf, dass ich 95kg im konventionellen Kreuzheben gemeistert und 92kg Kniebeugen geschafft habe. Ich bin mir sicher, da geht definitiv noch mehr und dafür trainiere ich zur Zeit auch. 
 
Was waren deine größten Rückschläge?
 
Mein einziger Rückschlag war im Jahr 2018. Da bekam ich eine Knochenhautentzündung an beiden Schienbeinen, was dazu geführt hat, dass ich sehr lange keine Sprünge oder lange Laufstrecken zurück legen konnte. Das falsche Schuhwerk und eine übermäßige Belastung haben dies verursacht. Ein Dreiviertel Jahr regelmäßige Besuche beim Physiotherapeuten. Ein Dreiviertel Jahr eingeschränktes Ausdauertraining. Ein Dreiviertel Jahr lang schmerzhafte Spaziergänge. Ein Dreiviertel Jahr konnte ich keine Kurse geben und ich dachte, dass das das Ende meiner Ausbildung sei. 
 
Meine Kollegen und meine Studioleitung haben mich dennoch nicht aufgegeben und waren sich sicher, dass es bald wieder bergauf geht mit mir. Kurse zu geben war und ist einer der Hauptaufgaben. Ich habe mich sehr nutzlos gefühlt und fiel auch teilweise in ein tiefes Loch, da ich einfach nicht so viel auf den Beinen sein durfte. Für jemanden, der gerne mal mehr als 10 km spazieren und laufen geht, war das ziemlich hart. 
 
Nach ca. einem Jahr habe ich mich wieder an die Kurse getraut sowie an das Joggen. Bis heute komme ich leider nicht an meine 15km von damals, die ich regelmäßig auf den Plan hatte, aber ich bin glücklich, dass ich mich wieder aufgerappelt habe. Ich schätze seit dieser Zeit den Sport umso mehr.
Thao beim Gewichtheben
Du hast bereits erzählt, dass du auch im Sport arbeitest. Wie kam es dazu?  
 
Bevor ich im Sportbereich tätig wurde, habe ich an der TU Berlin Lebensmitteltechnologie studiert. Leider habe ich es nicht zu Ende gebracht. Nach dem ich mein Studium abgebrochen habe, war mir in aller erster Linie wichtig, beruflich etwas auszuüben, worauf ich jeden Tag Lust und Motivation habe. Also entschloss ich mich, mein Hobby zum Beruf zu machen. Das sagt zwar gefühlt jeder, aber so war es. Ich fing meine Ausbildung bei FitX im Jahr 2017 an und bin auch heute noch dem Unternehmen treu geblieben. 
 
Ich liebe die Atmosphäre unter den Kollegen, die Transparenz in der internen Kommunikation, die Erreichbarkeit in allen Ebenen. Jeder kennt jeden gefühlt, obwohl wir ein so großes Unternehmen sind.
 
Auch die Vielfältigkeit im Vergleich zu den anderen Studios gefällt mir. Ich kann mich voll und ganz mit der Firmenphilosophie identifizieren. Bei uns ist jeder Willkommen, sei es als Mitglied oder Mitarbeiter. Bei uns gibt es kein zu groß, zu klein, zu muskulös oder zu zierlich. Wir wollen die komplette bunte Vielfalt und das liebe ich. Selbstverständlich gibt es auch bei meinem Job ein paar nicht so schöne Seiten.
 
Was ich nach knapp fünf Jahren in diesem Beruf leider bis heute nicht ganz nachvollziehen kann, ist, dass man oft auf wenig Verständnis  bei den Mitgliedern trifft, wenn mal was nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte. Ich weiß, dass meine Kollegen aus allen Bereichen Tag täglich und zu jeder Stunde ihr Bestes geben und wünschte, dass die Mitglieder das ebenfalls sehen könnten. Wir sind kein Unternehmen, dass die Anliegen ihrer Mitglieder und Interessenten nicht hört oder gar ignoriert. Nur brauchen gewisse Prozesse etwas mehr Zeit als andere Dinge. So ist der Lauf nun mal.
 
Was wünschst du dir für deinen Sport?
 
Ich wünsche mir mehr Verständnis für unsere Kollegen. Außerdem wünsche ich mir, dass die Leute offener gegenüber gewissen Sportarten sind und dass Frauen und jungen Mädchen genauso viel Aufmerksamkeit im Sport geschenkt wird. Außerdem dass das Klischeebild zu manchen Sportarten und Berufen aus dem Sport aufgebrochen wird.
 
Was sind deine (sportlichen) Ziele für die Zukunft?
 
Mein Ziel ist es weiterhin, das Beste aus meiner sportlichen Leistung raus zu holen, denn irgendwann würde ich gerne den Humanflag können, sowie die 100 kg Knacken beim Kreuzheben und Kniebeugen.
 
Ich mache es zu meiner Mission, den Menschen da draußen ein gesundes Bild mitzugeben und sie dazu zu motivieren, Neues auszuprobieren, sei es im Sport oder in der Ernährung.