Name: Laura Bo Voss
Beruf: Studentin
Sportbezug: Segeln
Instagram: laura_bvs

Lauras Story

Schon als ich 5 Jahre alt war, setzte mich mein Vater, der selbst begeisterter Segler ist, in einen sogenannten Optimisten (eine Bootsklasse für Kinder). Kurz darauf meldeten wir mich in einem Segelverein an, aber anfangs war ich nicht so begeistert. Sobald wir mehr Wind hatten und ich aus meiner ‘Komfortzone’ raus musste, hatte ich Angst und wollte nicht ins Boot steigen. Die ersten Wochen musste mein Vater mich mehr oder weniger zwingen und ein leckerer Burger nach dem Training war dabei zur Erpressung ein erfolgreiches Mittel. Aber sobald ich erstmal im Boot saß und es gemeistert habe, lief ich den Rest des Tages mit einem großen Strahlen im Gesicht herum. Irgendwann war ich dann diejenige, die ihre Eltern zwang, mit mir jede Woche zum Training zu fahren. 

Schon bald folgten die ersten Wettkämpfe. Ich kann mich noch zu gut an meine ersten Regatten erinnern, wo ich vor Aufregung kaum mein Frühstück herunterbekommen habe. Regattasegeln brachte mir so unglaublich viel Spaß und aufgrund meiner wachsenden Zielsetzungen, wechselte ich in einen größeren und erfolgreicheren Segelverein.

Als ich irgendwann mit 15 zu groß und zu schwer für den Opti (so wird die Bootsklasse Optimist genannt) wurde, fing ich an, ein etwas größeres Boot, den sogenannten Laser, zu segeln.

Nach einer Woche intensivem Training am Gardasee hatte mich dann der Ehrgeiz in dieser neuen Bootsklasse gepackt. Wenige Monate später nahm ich an meiner ersten Jugend WM Teil. Entgegen aller Erwartungen belegte ich dort den 6. Platz von 140 Mädchen. Das war unglaublich und da wurde mir so langsam klar, dass ich Lust auf Leistungssport habe!

Daraufhin wurde ich zum Sichtungstraining des Verbandes eingeladen und bekam das Angebot, aufs Sportinternat nach Kiel zu kommen. Sofort rief ich meine Eltern an, mit gerade einmal 15 Jahren, war ich ein wenig überfordert. Sollte ich wirklich schon in ein paar Monaten bei meinen Eltern ausziehen? Mein Vater meinte, es sei eine unglaubliche Chance, die ich nutzen sollte, meine Mutter dagegen war schockiert. Sie wollte mich am liebsten noch ein paar Jahre zuhause behalten. Nach einer tollen Probewoche entschied ich mich letztendlich dafür, mit 16 Jahren aufs Internat zu ziehen. Rückblickend war es eine der bis jetzt besten Zeiten meines Lebens! Ich habe so viel gelernt, nicht nur in sportlicher Hinsicht! 

Vier Jahre lang habe ich dann mit der Nationalmannschaft trainiert, zwei davon hatte ich selbst einen Kaderstatus. Doch dann habe ich Ende 2018 beim entscheidenden Wettkampf nicht das geleistet, was von mir erwartet wurde und schon war ich raus aus dem Kader und auch raus aus der Trainingsgruppe. Zunächst ist für mich erstmal eine kleine Welt zusammengebrochen. Seit ich 16 bin habe ich mein gesamtes Leben auf Leistungssport ausgelegt und auf einmal soll es das gewesen sein?

Fotos: Thomas Krätzig

Ich habe lange überlegt, was ich machen soll. Vielleicht bin ich ja an meiner Leistungsgrenze angekommen, sollte dem Leistungssport einfach den Rücken zukehren und ‘normale Dinge’ in meinem Leben machen. Aber irgendwie machte mich der Gedanke traurig. Mittlerweile zählen einige meiner internationalen ‘Konkurrenten’ zu sehr guten Freunden. Es machte mich traurig, dass ich sie, falls ich jetzt aufhören sollte, nicht mehr um mich herum habe. Und auch meine Leistungen der Saison ließen mich nachdenken. Meine Gesamtergebnisse waren zwar nicht top, aber dennoch hatte ich top Einzelergebnisse, was mich umso mehr motiviert hat, viel zu trainieren, Konstanz zu erreichen und es so weiter nach oben zu schaffen. Aber ich fragte mich, ob das ohne den Verband möglich ist.

Irgendwann hat sich mein Vater eingeschaltet. Er ermutigte mich, auch ohne den Verband weiterzumachen, immerhin sei ich noch jung. Um das ganze zu finanzieren, starteten wir eine große Sponsorensuche, ich suchte mir eine internationale Trainingsgruppe und so startete ich in die Saison 2019.

Sport besteht aus Höhen und Tiefen, genauso wie das Leben. Jetzt stehe ich wieder am gleichen Punkt. Kaderkriterium nicht geschafft und was nun? Macht es überhaupt noch Sinn, so viel Energie und letztendlich ja auch Geld in den Sport zu stecken?

Im Segeln verdient man nicht wirklich Geld. Wenn man im Kader ist, bekommt man gut Unterstützung, aber Plus machen die wenigsten. Mit Plus minus Null rauszukommen ist schon gut.

Die wenigsten können nachvollziehen wieso ich das alles mache, Tausende von Euros im Jahr für Sport auszugeben und wenn es die Zeit zulässt, nebenbei noch studieren. Meine Eltern stehen voll hinter mir und sagen, ich soll mein Leben leben, arbeiten tue ich noch mein ganzes Leben. Für meine Großeltern dagegen ist das ganze eher unverständlich. Ich solle doch was ordentliches studieren und Geld verdienen. Auch Freunde können es manchmal nicht nachvollziehen. Den Großteil des Jahres bin ich im Ausland unterwegs und Sprüche wie ‘ach, du fährst schon wieder in den Urlaub?’ fallen. Urlaub wäre schön! Morgens um 7 Uhr aufstehen, 3 harte Trainingseinheiten und abends um 10 Uhr todmüde ins Bett fallen, so stelle ich mir meinen Urlaub aber nicht vor.

Im Frühjahr 2020 startet unsere Olympiaqualifikation. Klar gehören Zweifel dazu: Ist es das wirklich Wert? Habe ich überhaupt realistische Chancen? Immerhin gehöre ich zu den Jüngeren und am Ende gibt es nur einen einzigen Startplatz bei uns Seglern. Vielleicht sind meine Chancen für 2020 noch eher gering, aber es bringt mir so unglaublich viel Spaß. Und so lange das ganze finanzierbar ist, wieso sollte ich es nicht einfach probieren? Ich will mich später nicht fragen: Was wäre wenn? Studieren und arbeiten kann ich auch noch in ein paar Jahren.

Mein Tipp an andere:

Lebt euer Leben, macht das, was euch glücklich macht und was der Bauch sagt. Fangt nicht an zu zweifeln, nur weil andere es sagen. Zweifel gehören dazu und irgendwann kommt der Punkt, wo man sich im Leben auf etwas anderes konzentrieren will, in meinem Fall mit Leistungssport aufzuhören. Ich bin mir sicher der Zeitpunkt kommt, dann wird man es merken und was anderes finden, was einen glücklich macht!

Aufgeben ist dabei keine Option, kann aber auch neue Wege ermöglichen!