Name: Luise 
Beruf: Studentin
Sportbezug:  Schwimmen, Basketball, Masterstudentin „International Sport Development and Politics” an der Deutschen Sporthochschule in Köln
Homepage: https://www.dshs-koeln.de/studium/studienangebot/master/ma-international-sport-development-and-politics/

Luises Story

Mein erster Sport – noch bevor ich in die Schule gegangen bin – war Schwimmen beim SC DHfK in Leipzig. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich war auch sehr gut, besonders im Brustschwimmen. Bis heute ist mir jedoch nicht die Geschwindigkeit beim Schwimmen am Wichtigsten sondern, dass es ein sehr meditativer Sport für mich war und ist bei dem ich den Kopf frei bekomme. Danach war ich einige Jahre beim Westernreiten und habe in einem modernen Tanzstudio getanzt. Meine Reitlehrerin hat aber leider aufgehört zu unterrichten und andere Lehrer hatten keine Plätze mehr oder die Vereine waren so weit weg von mir, dass es sich nicht gelohnt hätte, den Aufwand mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf mich zu nehmen. Warum ich mit dem Tanzen aufgehört habe, weiß ich gar nicht mehr. Allerdings war es meiner Mutter wichtig, dass ich mich regelmäßig bewege, weshalb ich ich mir einen anderen Sport suchen musste. Da ich mein ganzes Leben durch meine Größe immer gefragt wurde, ob ich Volleyball oder Basketball spiele, dachte ich mir: „Let’s give the people what they want“ und habe mit Basketball angefangen.

Ich hatte im Basketball einen tollen Coach, der auch das Damenteam meines Vereins trainierte. Ich habe klischeemäßig auf der Position des Centers gespielt, habe aber auch sehr gerne andere, flexiblere, wurfstärkere und kreativere Positionen besetzt. Wir haben als Team den dritten Platz der Sachsen Meisterschaft gewonnen und ich habe es sehr genossen, in einem Sport zu sein, der mich körperlich so gefordert hat, dass er mir geholfen hat, Frust oder Aggression auszuspielen.

Das Spiel mit anderen Mannschaften und die verschiedenen Körperformen, die im Basketball alle ihre Berechtigung hatten, waren eine Art safe space für mich, da ich in anderen Umfeldern durch meine überdurchschnittliche Größe als nicht normal gesehen oder auch ausgegrenzt worden bin. Im Basketball war dies jedoch kein Thema. Später habe ich mich viel damit auseinandergesetzt und mir ist es immer noch sehr wichtig, dass jeder so akzeptiert wird, wie er oder sie ist, da ich die gesellschaftlichen Vorstellungen davon, wie man „normal“ auszusehen und sich zu verhalten hat, als sehr gefährlich empfinde, gerade bei Mädchen und Frauen.

Trotz meiner Freude am Basketball und auch Schwimmen habe ich mit beidem irgendwann aufgehört. Sowohl beim Schwimmen als auch beim Basketball war mir ab einem bestimmten Punkt der Fokus auf Leistung und den Wettbewerbsgedanken zu groß. So gerne ich gewinne, so sehr sträube ich mich innerlich gegen Training, das allein auf das Gewinnen ausgelegt ist. Aspekte wie Teamzusammenhalt kamen mir dabei oft zu kurz. Beim Basketball kam zudem ein Trainerwechsel hinzu. Auf einen Coach, der an mich und mein Team geglaubt hat, meine Stärken gefördert und mit mir an meinen Schwächen gearbeitet hat, folgten zwei Trainerinnen, die die Teamdynamik und individuellen Bedürfnisse von jedem nicht verstanden haben und von mir forderten, weniger für die Schule zu machen, um bessere Ergebnisse zu erzielen, was für mich nicht in Frage kam. Der zweite Grund neben der Leistung war das Ende meiner Schulzeit. Durch mehrere Umzüge, das Studium und dem Wissen, immer nur für begrenzte Zeit an einem Ort zu bleiben, fiel es mir schwer, mir einen Verein zu suchen. Durch Trainingspausen habe ich auch an mir gezweifelt und hatte (unbegründet) Angst davor, zu einem Probetraining zu gehen und schlechter zu sein als mein Anspruch an mich selber war.

Nach dem Abitur habe ich zunächst ein Gap Year an einer britischen Schule in Thailand als Teaching and Boarding Assistant gemacht, um herauszufinden ob ich gerne Lehrerin werden möchte. Auch dort hat mich der Sport immer begleitet. Einerseits das Schwimmen dadurch, dass ich mit 18 meinen Rettungsschwimmer gemacht habe und somit später in Thailand Kindern das Schwimmen beigebracht habe und Basketball dadurch, dass ich auch in meiner Freizeit mir immer einen Korb zum freien Üben suchen konnte und während meines Auslandsjahres Co-Trainerin einer Jugendmannschaft war. Obwohl mir die Arbeit als Teaching and Boarding Assistant Spaß gemacht hat, habe ich schnell gemerkt, dass ich mir zu gerne Wissen selber aneigne, als es hauptsächlich anderen zu vermitteln.

Durch Beratung von Akademikern im Freundeskreis meiner Eltern, die selber durch die Einschränkungen der DDR nicht studieren durften, habe ich mich für ein Geschichtsstudium entschieden, da mich die verschiedenen Sichtweisen auf Ereignisse im Nachhinein schon immer interessiert hatten und es ein gutes Basisstudium für viele andere Berufsbereiche ist, wenn man sehr offen und flexibel ist. Als Nebenfach habe ich Kunstgeschichte studiert, da ich mich schon immer für Kunst interessiert habe und die Analyse von Malerei, Skulptur, Architektur, etc. als eine gute Ergänzung zur weitgehend textbasierten Arbeit in Geschichte empfunden habe.

Während meines Studiums in Freiburg i.Br. habe ich auch ein Auslandsjahr in Prag gemacht und danach für die Erasmus Student Network Sektion in Freiburg gearbeitet. Dort habe ich gemerkt, wie sehr ich durch den Austausch mit Studierenden aus anderen Ländern und Studienfächern und das Teilen von best practices gelernt habe und wie viel Freude mir das persönliche Zusammenarbeiten in einem Team bereitet hat. Daher war klar, dass ich einen internationalen Studiengang suchen und nicht auf ein Studienfach festgelegt sein möchte, sondern Aspekte verschiedener Disziplinen berücksichtigen wollte. Außerdem wollte ich in einer größeren Stadt studieren, die mehr Jobmöglichkeiten bietet und weltoffen und inklusiv ist. Ich bin dann zufällig auf den M.A. „International Sport Development and Politics“ gestoßen, als ich die Studiengänge des Zeit Studienführers bereits durchforstet und nichts gefunden hatte. Da ich Köln als Stadt mochte, habe ich mir die Studiengänge der Universität und der Sporthochschule angesehen und so meinen jetzigen Master gefunden. Gereizt daran hat mich, dass er auf Englisch ist, Studierende aus aller Welt und verschiedenen Studienfächern im Bachelor dafür zusammenkommen und die vielfältigen Themengebiete von fachlich sehr guten DozentInnen vermittelt werden würden. Dass Masterstudierende den Eignungstest nicht machen müssen war auch ein Pluspunkt 😉

Zudem habe ich mich bereits in meinem Bachelor für Sportgeschichte interessiert und zum Beispiel meine Bachelorarbeit über Eishockeyspiele während des Kalten Krieges in der Tschechoslowakei geschrieben, mit der Frage, ob Sport als eine Art Ersatz von Krieg gesehen werden kann. Das ist für mich das interessante an Sport: Er ist mit so vielen Themen verbunden und bietet eine gute Basis für Auseinandersetzungen mit Themen, für die man sich vorher nicht begeistert oder interessiert hätte.

Entsprechend vielfältig sind die Studieninhalte. Im ersten Semester geht es um die Basics von Sportgeschichte, die Olympische Bewegung und Sportpolitik, wir haben statistische Methoden gelernt und wie EU-Politik Sport beeinflusst. Im zweiten Semester lag der Fokus auf Sportsoziologie, Sport Economics und vertiefenden Seminaren zu Themen aus dem ersten Semester. Außerdem hatten wir ein Research Project in dem wir uns im Detail mit einem Thema unserer Wahl auseinandersetzen konnten und haben eine Exkursion nach Brüssel gemacht, um zu lernen, wie die Realität von Arbeit im Sportbereich aussieht. Auch haben wir uns mit dem Thema Sport Development auseinandergesetzt. Das setzte sich im dritten Semester fort und wir haben zusätzlich Sportrecht und Inklusion im Sport behandelt sowie Sport in Südamerika und Coaching. Das vierte Semester ist dann für die Masterarbeit aufgehoben, es besteht aber auch die Möglichkeit, erstmal ein Praktikum zu machen oder aufgeschobene Hausarbeiten (tse tse tse) nachzuholen.

Das Coole am Master sind die vielen verschiedenen Themengebiete und das Lernen von den einigen der besten Dozenten ihres Fachgebiets. Außerdem das Kennenlernen anderer Blickwinkel und Herangehensweisen auf unseren Lernstoff dadurch, dass meine KommilitonInnen alle aus anderen Ländern, Sportarten und Interessen und von unterschiedlichen Universitäten und Fächern kommen, ganz abgesehen von den Freundschaften, die ich hier geschlossen habe. Dadurch lernt man direkt viel mehr als nur das, was im Lehrplan steht und von Themen, die vielleicht sonst nicht angesprochen worden wären. Außerdem gibt es viele Verbindungen zu Arbeitgebern in Köln und international, die vom Studium ausgehend aufgebaut werden können und die Inspiration dazu, tolle Projekte anzugehen wie das von Lisa und Lisa mit diesem Blog.

Ebenfalls toll an dem Master: Alle zwei Jahre haben Studierende der Sporthochschule durch einen engagierten Dozenten, der die Bewerbung organisiert, die Chance, am Olympiaseminar der Deutschen Olympischen Akademie teilzunehmen und ich hatte die Ehre und das Vergnügen, letztes Jahr mitfahren zu dürfen. Die teilnehmenden Studierenden von verschiedenen Instituten für Sportwissenschaft aus Deutschland hatten die Chance, sich sieben Tage in Griechenland über historische und aktuelle Fragen der Olympischen Bewegung auszutauschen. Wir haben Exkursionen zu den Überresten der antiken panhellenischen Spiele, der modernen olympischen Spiele in Athen und Heiligtümern gemacht. Außerdem konnten wir Vorlesungen von mitreisenden Dozenten besuchen, die Experten in ihrem Bereich sind und haben Seminare zu Themen, die wir für interessant und aktuell relevant gehalten haben, füreinander vorbereitet und gehalten. Bei uns ging es viel um Geschlechterrollen und e-Gaming, aber auch darum, was Olympismus heute noch für eine Bedeutung hat.

Natürlich gab es auch die Möglichkeit und fast Pflicht, eigene olympische Spiele abzuhalten, die Olympische Bewegung und einander kennen zu lernen und sich auszutauschen. Dass hat mein ganzes Studium nochmal in einen größeren Kontext eingeordnet und ich habe wertvolle Erinnerungen mit tollen Menschen machen können.

Doch nicht nur Privat und im Studium spielt Sport eine Rolle, sondern vermehrt auch beruflich. Zuerst habe ich beim Institut für Universitäre Weiterbildung als studentische Hilfskraft für Marketing/Grafik gearbeitet und dabei geholfen, die Angebote der Sporthochschule den Studierenden näherzubringen. Es gibt zum Beispiel vielfältige Master und theoretische und praktische Lehrgänge, bei denen sowohl Studierende als auch Berufstätige noch viele wichtige Fähigkeiten dazulernen können. Jetzt arbeite ich bei der IAKS (Internationale Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen), einer Non-Profit Organisation, in der sich Unternehmen, Kommunen, Vereine und Dienstleister zusammenschließen, um Sport- und Bewegungsräume noch besser planen, umsetzen, bauen und betreiben zu können, damit so viele Menschen wie möglich sie genießen können. Dazu gehören nicht nur Sportplätze, sondern auch Freizeitanlagen, Spielplätze oder Bäder. Die IAKS verbindet diese Interessen und bietet Plattformen für die Mitglieder um sich auszutauschen. Dafür richten wir Veranstaltungen und Events aus auf denen Experten ihr Wissen und ihre Erfahrung teilen. Als Assistentin der Geschäftsführung unterstützte ich meine Chefin und jetzt ihren Nachfolger bei der Organisation von Events, Social Media, der Website und Mitgliederbetreuung.

Im Sport, aber auch im allgemeinen Leben, wurde mir oft verdeutlicht, dass man, wenn man körperlich aus dem Rahmen des „normalen“ herausfällt, häufig darauf reduziert wird und Annahmen über einen getroffen werden, die viel zu weit ins Private gehen. Bei männlichen Sportlern wird Körpergröße häufig als etwas nur positives, erstrebenswertes gesehen. Ich persönlich wurde dadurch häufig als weniger weiblich wahrgenommen, danach gefragt, ob ich einen Freund habe (als wäre das das einzige, um das man sich als Mädchen kümmern machen soll) oder was für Probleme ich deswegen habe. Diese Außensicht, die sehr negativ geprägt ist und mir vermittelt hat, ich solle mir Sorgen deswegen machen, ist sehr anstrengend und die immergleichen Fragen und Diskussionen erschöpfend. Umso wichtiger ist es jetzt für mich, das positiv zu nutzen und andere Mädchen und Frauen zu ermutigen, sich nicht zu vergleichen, sondern sie selbst zu sein, sich zu akzeptieren und den Körper zu lieben, den sie bekommen haben, aber auch die Strukturen, die vom männlichen Blick ausgehen, zu hinterfragen und anzufechten.

Ein fachliches Vorurteil ist, dass von anderen Leuten manchmal hinterfragt wird, ob ich in dem Studiengang richtig bin, wenn ich nicht direkt alle Bundesligavereine, -spieler und –trainer im Fußball nennen kann, sich also oft dafür rechtfertigen muss, dass man diesen Raum einnehmen darf und will. Männlich dominierte Machtstrukturen und die stille Akzeptanz derer, sind meiner Meinung nach auch ein sehr großes Problem. Bei vielen Veranstaltungen, Vorlesungen und Tagungen ist mir aufgefallen, wie unausgeglichen das Feld in Bezug auf Geschlecht noch ist und wie wenig Bewusstsein und Verantwortlichkeit dafür von den männlichen Personen in wichtigen Positionen besteht. Auch in meinem eigenen Studiengang fiel manchen Kommilitonen erst auf, wie stark Sexismus in ihrem Alltag und im Sport explizit oder implizit auftritt und vielleicht auch unwissentlich von ihnen transportiert wird. Das Problem ist immer noch, dass Diskriminierung oft implizit und subtil stattfindet, sodass es schwer ist, sie zu belegen, doch das ändert sich glücklicherweise gerade langsam.

Sport spielt also noch immer in meinem Leben eine ausgleichende Rolle und ist sehr wichtig für meine physische und psychische Gesundheit. Obwohl ich in keinem Verein mehr bin, bewege ich mich täglich, ob das Spaziergänge, Yoga, Eigengewichtsübungen, Schwimmen, Wandern oder Fahrrad fahren sind. Auch die Rolle des Atems habe ich letztes Jahr entdeckt und mich viel damit auseinandergesetzt, wie viel es bringt, sich mit der wichtigsten aber oft unbewusst einfach funktionierenden Körpertätigkeit auseinanderzusetzen. Auch sozial ist Sport immer ein wichtiger Aspekt, ich genieße es beispielsweise, mit Freunden im Sommer im Park Spikeball oder Frisbee zu spielen.

Wo ich beruflich genau hin will, weiß ich noch nicht, aber mir war und ist immer noch wichtig, dass ich meine Arbeit moralisch vertreten kann und einen Sinn darin sehe. Daher sehe ich mich in einer Position, die dazu beiträgt, andere Menschen durch Sport zu unterstützen, eine konkrete Berufsbezeichnung ist mir da weniger wichtig. Ich finde, mein Studium hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet, denn er wirft viele Fragen auf und lädt dazu ein, sich in den verschiedensten Themengebieten mit ihnen zu beschäftigen. Dadurch besteht bei allen von uns am Ende des Studiums ein Bewusstsein der verschiedensten Problematiken und es liegt an jedem Einzelnen, daraufhin das Verhalten zu ändern, sich zu engagieren oder sich im zukünftigen Berufsalltag dafür einzusetzen, diese Ungerechtigkeiten anzugehen.

Mein Tipp an andere:

Sei mutig! Bewirb dich auf Jobs und Praktika, unabhängig davon, ob du denkst, dass du alle gewünschten Qualifikationen erfüllst. Zunächst erwartet das wahrscheinlich niemand und außerdem gibt es bei jedem Praktikum und Job eine Einarbeitungszeit, die sicherstellt, dass du alles gut meisterst.

Baue dir ein Netzwerk aus Gleichgesinnten auf und erhalte es aufrecht. Das können Freunde sein, Leute, die du auf Konferenzen, bei Praktika oder Studierendengruppen kennengelernt hast. Dadurch bekommst du Input aus anderen Job-/Studien-/Interessensbereichen, hast Kontakte in anderen Städten und kannst dich immer mit anderen zu allen möglichen Themen austauschen.

Sich mit Freunden über Bewerbungen, Gehalt und Finanzen zu unterhalten, nimmt einem die Angst und den Respekt vor diesen Themen und eröffnet interessante alternative Perspektiven und Sichtweisen zu deinen eigenen.

Wenn du eine/n Vorgesetzten/in hast, deren Führungsstil du magst, die du respektierst und mit denen du gerne arbeitest, merk dir, was du an deren Einstellung und Arbeit magst und wende es auf deine eigene Arbeit an. Und frag sie nach deinen Stärken und Schwächen, unabhängig von deinem Zeugnis. Dadurch bekommst du neue positive Sichtweisen auf dich selbst und weißt, woran du noch arbeiten kannst.