Bereits als Kind war Sonja ein echter Wirbelwind. Durch WingTsun hat sie gelernt, besser mit ihrer Energie und auch mit Aggressionen und Konflikten umzugehen – eine Erfahrung, die sie nachhaltig geprägt hat. Heute steckt sie ihre Energie in WingTsun Schulen, um ihr Wissen weiterzugeben und das mit gerade einmal 34 Jahren.
Interview mit Sonja
Hallo Sonja, schön, dass du dir Zeit nimmst für ein Interview mit uns. Möchtest du uns zunächst mal ein bisschen was über deinen sportlichen Werdegang erzählen?
Ich war schon immer sehr aktiv, also habe ich schon immer sehr viel Sport getrieben. Turnen, Schwimmen, Klettern, Reiten, Kampfkunst /–sport… alles was man als Kind halt so macht. Klettern und Grappling mache ich sogar immer noch regelmäßig. Von klein an stand aber WingTsun immer ganz oben auf meiner Prioritätenliste.
Für viele ist WingTsun nicht unbedingt ein Begriff. Was ist das Besondere an dem Sport?
WingTsun ist eine Kampfkunst, die zur Selbstverteidigung entwickelt wurde. Es wurde von einer Shaolin Nonne vor ca. 300 Jahren entwickelt. Sie setzte dabei nicht wie die meisten Stile auf Kraft und Stärke, sondern z.B. auf Timing und Körpereinheit. Damit konnten auch körperlich Schwächere diese Kampfkunst lernen und als Selbstverteidigung nutzen. Bis heute wird WingTsun immer weiter entwickelt und passt sich immer wieder den Gegebenheiten auf der Straße an.
Und wie kamst du zum WingTsun?
Wie schon gesagt, war ich schon als Kind sehr aktiv. Allerdings war ich dazu auch noch sehr frech und das hat mich oft in Schwierigkeiten gebracht. Als ich sechs Jahre alt war, haben meine Eltern mich zum WingTsun gebracht. Zum einen wegen der überschüssigen Energie, zum anderen um mit Aggressionen und Konflikten besser umzugehen.
Was gefällt dir so an dem Sport?
WingTsun ist eine Herausforderung an mich selbst. Jeden Tag und jede Trainingseinheit aufs Neue. Es ist ein ständiger Lernprozess, der nicht nur im Trainingsraum stattfindet. Es ist mittlerweile eine Lebenseinstellung und nicht nur ein Sport für mich.
Wie lange machst du den Sport denn schon?
Seit ca. 27 Jahren. Und seit knapp 18 Jahren Unterrichte ich Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Wie kam es dazu, dass du Trainerin wurdest?
WingTsun war immer die größte Konstante in meinem Leben. Egal in welcher Lebenslage ich war, beim WingTsun traf ich meine Freunde und es war immer ein gutes Gefühl, zum Training zu gehen. Ich habe eine Schreinerlehre gemacht und in dieser Zeit war ich natürlich seltener beim Training. Die Leute und das Training haben mir in der Zeit sehr gefehlt und es war dann für mich klar, dass ich WingTsun noch weiter in den Fokus in meinem Leben rücken möchte. Außerdem war ich im WingTsun viel besser als beim Schreinern. Jeder sollte beruflich etwas machen, das er voll und ganz vertreten kann. Wo er mit Herz und Seele hinter steht. Das habe ich in WingTsun gefunden.
Trainerinnen sind oftmals unterrepräsentiert. Wie verschaffst du dir Respekt?
Ich denke, der beste Weg Respekt zu bekommen ist fachliche Kompetenz. Wenn man weiß, was man tut und das auch vermitteln kann, ist das schon mal ein guter Anfang.
Im Umgang mit Kids ist die Ausstrahlung von Sicherheit und Vertrauen sehr wichtig. Ich halte mich an klare Regeln und die Kids wissen genau, was sie dürfen und wo die Grenzen sind. Dann bewegen sie sich in diesem Rahmen ganz sicher und können Vertrauen aufbauen. Gerade bei Streits ist es wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass ich mir immer ALLES anhöre, bevor irgendwas entschieden wird. Im Gegenzug muss ich aber darauf vertrauen, das sie mir auch alles, so gut sie können, erzählen. Aber alle müssen wissen, bei wichtigen Sachen entscheide am Ende ich. Und das muss klar sein.
Bei Erwachsenen ist Ehrlichkeit auch ein ganz wichtigerer Punkt. Man muss nicht immer alles wissen und man darf als Lehrer oder Trainer auch nicht so tun, als wäre das der Fall. Ich bin vielleicht im WingTsun gerade als ihr Trainer auf der Matte, aber viele Schüler haben mehr Lebenserfahrung oder sind in ihren Jobs Entscheidungsträger, Personalführer usw. … Ich versuche nie meine WingTsun Stellung über eine andere Person oder ein anderes Fachgebiet zu stellen. Ich weiß, was ich weiß und ich weiß auch, was ich alles nicht weiß. Das schafft auch eine gewisse Kompetenz und ich denke, daher kommt auch der Respekt
Aber: das heißt nicht, dass mir die Kindergruppen nicht auch mal auf der Nase rumtanzen, das können die nämlich ganz besonders gut 😀
Das klingt nach einer guten Herangehensweise. Gibt es denn trotzdem irgendwelche Vorurteile z.B. aufgrund deines Geschlechts oder deiner Statur, mit denen du öfters zu tun hast, auch im Hinblick auf deinen Sport?
Im WingTsun tatsächlich sehr wenig. Manche jugendliche Jungs hätten wahrscheinlich lieber einen männlichen Trainer, aber das ist ja klar. Man möchte sich ja gerade als Jugendlicher mit seinem Trainer bis zu einem gewissen Grad identifizieren. Manchen Erwachsenen geht es wahrscheinlich auch so. Aber das ist nun mal einfach so und andersrum sicher auch manchmal der Fall. Wie eben schon gesagt, wenn man weiß, was man kann und was nicht, schafft das viele Probleme aus dem Weg.
Ich kann mich zum Beispiel erfolgreich verteidigen wenn ich angegriffen werde, da bin ich mir ganz sicher. Aber ich vermittle keinem 100 kg schweren, Kampfsport erfahrenem Mann, der in der Tür steht, ich könnte ihn bei einem Vergleichskampf mit Regeln im Ring besiegen. Das ist Quatsch. Nicht umsonst gibt es Gewichtsklassen im Wettkampfsport.
In der Lehre war das anfangs anders. Gerade auf Baustellen muss man sich viele Vorurteile und Sprüche gefallen lassen. Aber auch da habe ich die Erfahrung gemacht, wenn man das, was man kann, ordentlich macht und ehrlich ist, wenn man etwas nicht kann oder schafft, kommt das auch bei den Kollegen gut an. Auch die Jungs können in der Lehre nicht alles sofort und auch nicht alle Jungs können schwere Sachen tragen. Und das ist eigentlich auch allen bewusst. Sprüche wird es da aber immer geben.
Welchen Tipp würdest du anderen Mädchen und Frauen geben?
Alle Frauen und Mädchen, die sich einen Kampfsport oder eine Kampfkunst anschauen wollen:
Traut euch! Meistens sind die Erwachsenengruppen gemischt und die Jungs freuen sich, wenn ein paar mehr Mädels mitmischen. Gerade in der Kampfsportcommunity findet ihr viele offene Menschen, die ihren Sport gerne teilen und euch helfen werden, einen Einstieg zu finden. Und lasst euch auf keinen Fall entmutigen, wenn in der ersten Schule, in der ihr wart, die Trainingsatmosphäre nichts für euch war. Es gibt viele verschieden Gyms und Schulen. Hört euch ein bisschen um, dann werdet ihr was finden.
Was würdest du dir für den (Kampf-) Sport in Zukunft wünschen?
Ganz allgemein würde ich mir für den Kampfsport ein besseres Image wünschen. Da würde eine höhere Frauenquote wahrscheinlich auch bei helfen. Es gibt leider immer noch zu viele unseriöse Anbieter auf dem Gebiet, aber das gibt es überall. Die muss man erkennen und was ganz wichtig ist, nicht mit den seriösen in einen Topf werfen.
Wäre ein Ansatz, Sportarten wie WingTsung öfters mal in den Schulunterricht zu integrieren?
Ja klar. Wir machen schon öfters Workshops, AGs und Crashkurse. Das ist gut fürs Klassenklima und baut bei dem ein oder andern vielleicht Hemmungen ab, selber mal etwas anzufangen.
Vielen Dank für das Interview!
Mehr zu Sonja und ihren Kampfschulen, findet ihr unter:
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Homepage:
kampfkunstzentrum-niederkassel.de
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