Name: Valeria Eckardt
Beruf: Doktorandin, Sportpsychologin
Sport: Tennis
Twitter: @valeria_eckardt
Instagram: @valeria.eckardt
Interview mit Valeria
Hallo Valeria, wie ist dein Werdegang und woher kommt dein Interesse zum Sport?
Wissenschaftlich betrachtet wurde mein Interesse am Sport durch eine klassische Sozialisierung geweckt. Mein Vater hat Tennis gespielt und daher habe ich mit vier Jahren ebenfalls angefangen. Und meine Schwester im Übrigen auch. In unserer Familie war Sport ein Mittel, um Zeit gemeinsam zu verbringen, sich auszutauschen und verbunden zu sein. Und ich kann auf viele tolle Erinnerungen mit meiner Familie zurückblicken.
Ursprünglich wollte ich nach dem Abitur Gerichtsmedizinerin werden. Dann habe ich allerdings realisiert, dass ich lieber mit Menschen arbeiten möchte, die noch am Leben sind und habe mich für Psychologie entschieden. Da mich der Sport begleitet hatte und auch einen hohen Stellenwert in unserer Familie hatte, schloss ich ein Masterstudium in „Psychology in sport and exercise“ an der Deutschen Sporthochschule Köln an. Und der Spoho bin ich bis heute treu geblieben: Seit 2019 promoviere ich im Psychologischen Institut und untersuche, wie Eltern Stress in Fußball-Nachwuchsleistungszentren erleben, wie sie als Paar damit umgehen und welche Auswirkungen das auf ihr Unterstützungsverhalten gegenüber ihrem Kind hat.
Was fasziniert Dich an der Sportpsychologie?
An der Sportpsychologie fasziniert mich ihre Vielfalt. Und das trifft generell für mich auf die Psychologie zu. Mit einem Abschluss in (Sport-)Psychologie stehen viele Türen offen, um den eigenen Karriereweg individuell gestalten zu können, eine Nische zu finden und interdisziplinär zu arbeiten. So bleibt es spannend.
Im Rahmen deiner Promotion untersuchst du, wie Eltern mit Stress und Emotionen im Kontext eines Fußballspiels ihres Kindes umgehen. Wie kamst du auf dieses Thema?
In einem Seminar im Masterstudium an der Deutschen Sporthochschule Köln habe ich mit drei Kommilitoninnen ein Elterncoaching entwickelt. Seitdem war ich vom Themenbereich Eltern im Leistungssport und Familienbeziehungen im Leistungssport fasziniert. Dr. Babett Lobinger hatte das Seminar geleitet und wir sind in Kontakt geblieben und arbeiten heute in meiner Promotion zusammen. Ausschlaggebend für meine Motivation war aber, dass ich einen offensichtlichen Widerspruch in der Praxis gesehen habe. Viele (Trainer:innen) beschweren sich über das Verhalten von Eltern, aber nur selten wird Eltern gesagt, was von ihnen im Leistungssport erwartet wird oder welches Verhalten hilfreich für Trainer:innen und Kinder wäre. Und das möchte ich ändern. Und ich möchte zeigen, dass es gute Gründe dafür gibt, wieso einzelne Eltern ein bestimmtes Verhalten am Spielfeldrand zeigen – und das sind beispielsweise Stress und negative Emotionen.
Bist du auch privat dem Fußball verbunden?
Eher weniger, wenn ich ehrlich bin. Ich schaue gerne Fußball, egal ob Bundesliga oder internationale Turniere, und ich bin auch gerne im Stadion. Fußball spielen kann ich allerdings überhaupt nicht. Da greife ich doch lieber zum Tennisschläger.
Derzeit bist du für einen Forschungsaufenthalt in den USA. Gibt es Unterschiede in der wissenschaftlichen Arbeit in den USA im Vergleich zur Arbeit an deutschen Hochschulen?
Im wissenschaftlichen Arbeiten gibt es meines Erachtens keine wesentlichen Unterschiede zu Deutschland. Jedes Institut hat Forschungsschwerpunkte und bevorzugt eingesetzte Methoden, hier im Families in Sport Lab an der Utah State University wird beispielsweise viel mit qualitativen Forschungsmethoden gearbeitet. In meiner Zeit in den USA sind mir eher Unterschiede in der Arbeitsatmosphäre und der Arbeitsgestaltung aufgefallen. Ich habe die Beziehung zwischen Doktorand:innen und Professor:innen in den USA noch stärker von flachen Hierarchien geprägt erlebt als es bislang in Deutschland der Fall ist. Und es wird sehr viel mehr Wert auf einen gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Erholung gelegt. Das wurde mir direkt an meinem ersten Tag auf dem Campus klargemacht.
Hast du jemals in deiner beruflichen Laufbahn mit Vorurteilen aufgrund deines Geschlechts kämpfen müssen?
Glücklicherweise war das bislang die Ausnahme. Ich kann mich an eine Situation auf einer Konferenz erinnern, in der ein Fußball-Trainer mich mit „Mäuschen“ angesprochen und mir danach erklärt hat, wie ich meine Arbeit als Sportpsychologin zu machen hätte, damit er davon profitieren würde. Damals hat mich das ehrlich gesagt so überrascht, dass ich sprachlos war. Heute erlebe ich die Wissenschaft und die Sportpsychologie als Berufsfelder, die stetig diverser werden, die gezielt Frauen fördern und auf Führungspositionen einsetzen. Aber trotzdem kommt es vereinzelt vor, dass bei Konferenz-Vorträgen von Frauen eher das äußere Erscheinungsbild als der tatsächliche Inhalt der Präsentation diskutiert wird.
Gibt es bestimmte Personen, die dich auf deinem Weg unterstützen?
Allen voran muss ich hier meine Eltern nennen – und zwar nicht nur, weil es mein Forschungsbereich ist. Meine Eltern haben mich ermutigt, für das einzustehen, was ich mir wünsche und mich in der Überzeugung erzogen, dass ich einen entscheidenden Anteil an meinem Erfolg oder Glück haben kann. Und in der Promotionszeit ist dann ein vielfältiges Team an Unterstützer:innen zusammengekommen, von denen mir jede:r einzelne etwas für meine Karriere und das Leben außerhalb des Büros mitgegeben hat. Hier kann ich meine Betreuer:innen an der Sporthochschule, Prof. Markus Raab und Dr. Babett Lobinger, meine Mentorin, Prof. Anne Milek an der Universität Münster, sowie Dr. Travis Dorsch an der Utah State University aufzählen. Und ohne dieses Team wäre meine Promotion so nicht möglich.
Was waren deine größten Herausforderungen und Rückschläge?
Rückblickend war der Übergang vom Masterstudium in die Promotion eine Geduldsprobe für mich. Dazwischen lag etwa ein halbes Jahr, in dem ich mich auf verschiedene Jobangebote und Stipendien beworben habe. Diese Ungewissheit, wie es weitergehen wird, konnte ich schwer aushalten. Und das bleibt eine Herausforderung, denn eine Karriere in der Wissenschaft erfordert Flexibilität und bringt häufig befristete Verträge und Ortswechsel mit sich.
Was würdest du anderen raten, die ebenfalls eine wissenschaftliche Karriere anstreben?
Findet ein Thema, das euch begeistert. Das euren Puls steigen lässt, wenn ihr anderen darüber berichtet und für das ihr bereit seid, einige Jahre zu investieren. Gute Forschung braucht Durchhaltevermögen und Geduld und beides wird mit einer Faszination für das Thema und Unterstützung von anderen leichter.
Und zum Abschluss: Was ist dein Tipp an andere?
Vor Kurzem habe ich etwas gelesen, das mich ins Nachdenken gebracht hat: „Be the senior you needed, when you were a junior.“ Ich denke, dass wir noch mehr Vorbilder – besonders für junge Mädchen – brauchen, die uns inspirieren und die uns unterstützen, unseren eigenen Weg zu gehen. Und die für uns da sind, wenn Fragen entstehen. Ich war Teil des Mentoring-Programms für Wissenschaftlerinnen an der Deutschen Sporthochschule Köln und habe davon sehr viel für mich persönlich und beruflich mitnehmen können. Und auch Plattformen wie Fan von DIR sind klasse Initiativen, um zu fördern, zu vernetzen und eigene Ideen anzuregen!
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