…es das Projekt „Zweitzeug*innen im Fußball“ gibt? Was es damit genau auf sich hat, dass erzählt euch heute Simon!
Hi, ich bin Simon Jüntgen von ZWEITZEUGEN e.V. und Teil des Bildungsprojekts »Zweitzeug*innen im Fußball«. Was sich hinter diesem Projekt verbirgt, was uns antreibt und was unsere Visionen/ Ziele sind, das erfahrt ihr jetzt.
Antisemitismus im Fußball
Antisemitische Beschimpfungen und Gewalt sind auch im Fußball keine Seltenheit. Seit Jahren zeichnet sich in den höchsten deutschen Spielklassen ein konstant negatives Bild ab. Da gibt es zum Beispiel das sogenannte »U-Bahn nach Auschwitz«-Lied. Ein Schmähgesang, in dem die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden verherrlicht wird und der von rivalisierenden Fangruppierungen am Rande von Bundesliga-Spieltagen immer wieder aufgegriffen wird. Ein Problem, das sich hierzulande aber auch auf den Amateurplätzen zeigt: Insbesondere die jüdischen Makkabi-Sportvereine berichten regelmäßig von antisemitischen Zwischenrufen und aggressiven Anfeindungen. Das sind Ereignisse, die mich fassungslos stimmen – gerade vor dem Hintergrund, dass der Holocaust uns beispiellos gelehrt hat, wohin abwertende und ausgrenzende Einstellungen führen können. Die Frage die man sich zwangsläufig stellen muss ist, wohin soll das führen!?
Fußball und soziale Verantwortung
Der Fußball genießt eine starke Anziehungskraft. In die großen Stadien kommen Woche für Woche über hunderttausend Menschen zusammen. Die Erwartungen an den organisierten Fußball und insbesondere an die Bundesligavereine, Impulse im Kampf gegen Ausgrenzung und Vorurteile in die Gesellschaft zu senden, sind groß. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, haben sich die Lernzentren der Fußball-Bundesligisten von Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach gemeinsam mit uns auf den Weg gemacht, ein Bildungsangebot für junge Generationen zu schaffen, das sich aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzt.
Zweitzeug*innen im Fußball: Lernen, wo normalerweise tausende von Fans ihren Mannschaften zujubeln
Seit August 2020 bieten wir gemeinsam mit dem BVB-Lernzentrum und dem Bildungspark MG wöchentliche und durch die Aktion Mensch geförderte, kostenfreie »Zweitzeugen-Workshops« für Kinder und Jugendliche im Herzen der Fußballstadien an. Anhand von einfühlsam weitererzählten Holocaust-(Über-)Lebensgeschichten sensibilisieren wir die Workshopteilnehmer*innen für die Auswirkungen von Antisemitismus und Rassismus. Gelernt wird ganzheitlich: Mit Herz, Kopf und Hand. Mit dieser besonderen Form der Weitergabe berühren wir bereits Kinder ab dem 10. Lebensjahr, barrierefrei und, wenn gefragt, auch in leichter Sprache.
Seit Projektstart ist es uns – trotz der anhaltenden Corona-Pandemie – gelungen, bereits über 150 Kinder und Jugendliche (unterschiedlicher sozialer Herkunft sowie mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf) mit unserem Workshop-Angebot in den Lernzentren zu erreichen und sie zu »Zweitzeugen« auszubilden. Ehemalige Teilnehmer*innen laden wir im Anschluss an die Workshops dazu ein, gemeinsam mit uns weitere Formate zu entwickeln, mit denen wir zukünftig Erinnerung als »Zweitzeug*innen« gestalten können. Ausgehend von diesem erweiterten Angebot entstanden bspw. die Ideen, ein gemeinsames Rudelgucken von Auswärtsspielen im Heimstadion zu veranstalten oder ein Graffiti an den teilweisen noch kahlen Wänden unter der Dortmunder Südtribüne (Signal-Iduna-Park) umzusetzen. In diesem Zusammenhang fand am 26. September 2020 das erste gemeinsame Rudelgucken eines Auswärtsspiels von Borussia Dortmund im BVB-Lernzentrum mit acht Schüler*innen einer Dortmunder Realschule statt. Neben der Liveübertragung des Bundesligaspiels gegen den FC Augsburg und einer Stadionführung durch den Signal-Iduna-Park, überlegten und diskutierten wir gemeinsam mit den Jugendlichen auch, wie wir uns heute aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzen können. Weitere Formate wie diese werden derzeit erdacht und sollen in Zukunft umgesetzt werden.
Workshop-Termine 2021
Jetzt blicken wir bereits gespannt auf das neue Jahr und würden uns sehr freuen, vielleicht auch Euch bald bei uns am Lernort Stadion begrüßen zu dürfen. Interessierten empfehlen wir einen Blick auf unsere Website: Hier findet Ihr alles Wissenswerte rund um das Projekt und zur Anmeldung.
Was macht ZWEITZEUGEN e.V.
ZWEITZEUGEN e.V. ermutigt mit Holocaust-Überlebensgeschichten (junge) Menschen jeder Bildungsschicht dazu, sich vertieft mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinander- und aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus im Heute einzusetzen. Wir interviewen Überlebende der Schoah und bereiten ihre Geschichten auf verschiedene Weisen auf. Wir veröffentlichen sie in Magazinen, die käuflich erworben werden können, präsentieren sie in unserer Wanderausstellung, vor allem aber besuchen wir Schulklassen und Bildungseinrichtungen ab der 4. Jahrgangsstufe.
Weitere Infos zu ZWEITZEUGEN e.V. findet ihr unter https://zweitzeugen.de
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