Aus Julias Liebe zu Pferden wurde mit der Zeit mehr als ein einfaches Hobby. Besonders die Zusammenarbeit mit ihrem Pferd und das Erreichen gemeinsamer Ziele motiviert sie, sich stets zu verbessern. Der Sport bringt sie dabei aber oft auch an ihre psychischen Grenzen und hilft ihr, mit Ängsten umzugehen und diese zu bewältigen.
Im Interview mit „Fan von DIR“ spricht Julia über ihre Liebe zu Pferden, ihren Trainingsalltag und Vorurteile gegenüber dem Reitsport. 

Julia mit ihrem Pferd

Interview mit Julia

Wie ist dein sportlicher Werdegang und woher kommt deine Liebe zum Sport?

Ich komme aus einer sportlichen Familie und meine Eltern haben mich von Anfang an darin unterstützt, alle möglichen und auch unmöglichen Sportarten mal auszuprobieren.

Wie kamst du zum Parasport, vor allem auf Leistungssportlerin Niveau?

Das hat sich so nach und nach entwickelt. Ich bin am Anfang einfach mal zum Ausprobieren auf einem kleineren Turnier gestartet. Dann haben sich zuerst auf bayerischer und dann auch auf deutscher Ebene erste Erfolge eingestellt und mein Ehrgeiz war geweckt. Im Laufe der Jahre und des regelmäßigen Trainings sind die Turniere größer geworden und dementsprechend hat sich auch die Anzahl erhöht.

Was macht dir an deinem Sport besonders Spaß? Was motiviert dich?

Mich motiviert das Teamwork mit dem Pferd. Man arbeitet zusammen und versucht gemeinsam eine gute Leistung abzuliefern. Außerdem bringt mich das Reiten oft an meine psychischen Grenzen und man lernt mit Situationen, die einem auch mal Angst machen, umzugehen und diese zu bewältigen.

Reiten wird oft als Sport belächelt. Wie argumentierst du dagegen? Mit welchen Vorurteilen hast du sonst noch zu kämpfen und wie reagierst du drauf?

Jeder der denkt, dass Reiten kein Sport ist, kann es gerne mal ausprobieren. Es kommt ja auch darauf an, wie man reitet.

Einige Menschen denken, dass man mir aufgrund meiner Behinderung vieles nicht zutrauen kann, oder finden es zu gefährlich, wenn ich etwas mache. Meistens überzeuge ich sie aber schnell vom Gegenteil. So nehme ich auch regelmäßig an Turnieren für nichtbehinderte Reiter teil und konnte dort auch schon Erfolge verzeichnen.

Wie sieht deine typische Trainingswoche aus?

In einer typischen Trainingswoche reite ich mindestens 5x die Woche mindestens ein Pferd, manchmal aber auch drei Pferde am Tag. Zusätzlich gehe ich ca. 3x die Woche mit meinen Sportprothesen joggen.

Haben deine Familie und Freunde dich immer unterstützt?

Ja, meine Familie und Freunde stehen immer hinter mir und unterstützen mich so gut sie können. Das ist sehr wichtig, da man als Mensch mit Handicap oft auch auf Hilfe angewiesen ist und zum Beispiel bei Turnieren immer einen oder 2 Helfer dabei haben muss. Besonders möchte ich auf die Züchterin Anke Strohscheer hinweisen, die auf mich beim internationalen Mannheimer Maimarkt-Turnier aufmerksam wurde und die mir seit ca. 2 Jahren mein Großpferd „Bruno 193“ zur Verfügung stellt.

Julia während eines Reitwettkampfs

Wo sind die Gemeinsamkeiten / Unterschiede für dich im Sport für Personen mit / ohne Behinderung?

Für Menschen mit Handicap ist es oft etwas schwerer und komplizierter einen Sport zu betreiben, weil man die passenden Hilfsmittel und Menschen braucht, die einen unterstützen. Es ist auch nicht immer einfach, die passenden Sportgeräte zu finden, meist braucht man in irgendeiner Form individuelle Anpassungen, z.B. bei Prothesen, Reitgerten etc. Aber wenn das alles vorhanden ist, sollte es nicht mehr allzu große Unterschiede geben.

Was waren deine größte Erfolge?

Deutsche Jugendmeisterin mit Lettenhofs lovely Daintiness

2x Deutsche Jugend-Vizemeisterin mit Lettenhofs lovely Daintines

2. Platz auf einem CPDI *** mit Lettenhofs lovely Daintines

2. Platz in der Championatsaufgabe bei der Deutschen Meisterschaft Senioren mit Bruno 193

4x Bayerische Meisterin

Was deine größten Rückschläge?

Die langwierige Verletzung meines Ponys Lettenhofs lovely Daintiness, welche sich mehr als  Jahr hinzog und sowohl Training als auch Turnierteilnahmen unmöglich machten.

Wie vereinbarst du Sport und Beruf?

Man muss bereit sein, das meiste seiner Freizeit und seines Einkommens in die Reiterei zu stecken und ich arbeite nur in Teilzeit. Dennoch bleibt für andere Dinge nur relativ wenig Zeit.

Wie finanzierst du deinen Sport?

Das meiste bezahle ich aus der eigenen Kasse, aber mein langjähriger Sponsor Memmert und die Fa. Meggle unterstützt mich finanziell. Auch meine Eltern dürfen dabei nicht unerwähnt bleiben, die immer wieder zu den Turnierkosten bei Unterkunft und Verpflegung beisteuern. Auch meinen Pferdeanhänger hat vor einigen Jahren mein Vater gekauft, nachdem wir bis dahin immer mit einem alten geliehenen Hänger unterwegs waren. Vereinzelt gibt es auch Unterstützung durch Sachspenden, so stellt mir z.B. die Firma Röckl regelmäßig Handschuhe zur Verfügung.

Wie hilft dir der Sport mit deiner Behinderung umzugehen?

Mir hat der Sport sehr geholfen, mit der Behinderung offener umzugehen und mich nicht dafür vor anderen zu schämen. Der Sport steigert natürlich auch meine körperliche Fitness und mein Selbstwertgefühl und hilft mir damit selbstbewusster aufzutreten.

Inwieweit schreibst du dem Sport eine inklusive Funktion zu?

Ich finde es toll, wenn Para Turniere an „normale“ Turniere angegliedert werden und ich finde es auch sehr schön, wenn man als Sportler mit Behinderung auch an normalen Turnieren starten kann. Dies wird meistens bei den Bayerischen, aber auch bei den Deutschen Meisterschaften praktiziert, welche oft zusammen mit einem Turnier nicht behinderter Sportler stattfinden. Dem direkten Kontakt mit den anderen Regelsportlern und damit die Inklusion wird damit deutlich gefördert.

Was würdest du dir für deinen Sport wünschen?

Dass er genauso gefördert und unterstützt wird wie der normale Spitzensport und auch mehr davon in den Medien berichtet wird.

Welche großen Ziele hast du noch?

Ich möchte unbedingt mal an der Spitze im Para Dressursport mitmischen können und an größeren internationalen Turnieren und den Paralympics teilnehmen.

Was wäre dein Tipp an andere und besonders an Personen mit Behinderungen?

Man sollte alles ausprobieren und nie aufgeben. Geht nicht, gibt’s (fast) nicht! Alles geht irgendwie, es dauert vielleicht länger oder sieht anders aus, aber es geht und das ist das Wichtigste.

Alles, was du noch sagen möchtest:

Besucht mich unbedingt auf meiner Instagram Seite. Dort teile und zeige ich sehr viel aus meinem Alltag und gewähre Einblicke in mein Leben: @julia.porzelt