Name: Kathy Kreuzberg
Beruf: Musikerin & Musiktherapeutin
Sportbezug: Karate / Karate-Trainerin, Kraftsport
Homepage: kathykreuzberg.de
Instagram: @kathykreuzberg, @kathykreuzberg.official
Facebook: facebook.com/kathykreuzberg

Kathys Story

„Sie kam zur ersten Stunde des Anfängerkurses und trug als Einzige der Anfänger einen Gi – und der war auch noch schwarz.“ – So oder so ähnlich fasst mein allererster Karatetrainer meinen ungewöhnlichen Einstieg in die Karatewelt gerne zusammen.

Normalerweise kommen Karateinteressierte erstmal in normaler Sportkleidung zum Training. Irgendwann, wenn es in Richtung Gürtelprüfung geht, kaufen sie dann einen Karateanzug, den sogenannten Gi. Dieser ist traditionell weiß – und eben nicht schwarz. Doch das wusste ich damals im Jahr 2015 noch nicht. Auch hatte ich keinen Plan von den verschiedenen Karate-Stilrichtungen und den konkreten Inhalten. Fest stand nur: Ich wollte diese Kampfkunst lernen. Und so landete ich quasi durch Zufall beim Shotokan-Karate. Dieser ist der in Deutschland am meisten trainierte Stilart dieses Kampfsports.

Aber so bin ich: Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, gehe ich es selbstbewusst und von Anfang an zielgerichtet an. Auch auf die Gefahr hin, erstmal irgendwie aufzufallen, weil man von der Materie ja noch keine Ahnung hat. Ich vertraue auf den Welpenschutz und mache mir bewusst, dass jeder ja irgendwie mal angefangen hat und es keinen Grund gibt, sich dafür zu schämen. Und schwarz trage ich nun mal lieber als weiß.

Das körperlich fordernde Training machte mir sehr viel Spaß. Auch in der gemischten Gruppe fühlte ich mich wohl. Dadurch, dass wir alle Anfänger*innen waren, hatten wir den gleichen Wissens- und Leistungsstand. Außerdem hatten wir die gleichen Fragen und Herausforderungen, die der Sport mit sich brachte, auch in Hinblick auf die nahende erste Gürtelprüfung.

…Was meine Familie und Freunde davon dachten, dass ich nun eine Kampfkunst erlerne, war mir eigentlich egal: Ich fing Karate wegen mir an und nicht wegen ihnen. Allerdings nervten die typischen Sätze wie „Oh, muss ich jetzt etwa Angst vor dir haben?“ und „Hast du denn dann noch genug Zeit für dein Kind?“ schon. Manchmal kamen auch Sprüche wie „Du bist viel zu zierlich dafür, du gehst doch kaputt dabei.“ Ich versuchte, dass zu ignorieren oder drüberzustehen, aber es fiel mir nicht immer leicht.

Meine Gelbgurtprüfung legte ich innerhalb eines Lehrgangs bei Schahrzad Mansouri ab. Die ehemalige Bundesjugendtrainerin und Trägerin des 5. Dans beeindruckte mich mit ihrer Selbstentschlossenheit, ihrem Wissen und ihrer Didaktik nachhaltig. Dadurch ist so etwas wie ein Vorbild für mich geworden. Mein schwarzer Karateanzug, der mit der Zeit im Karateverein, bei dem ich trainierte, ein dauerhaftes Diskussionsrauschen hervorrief, war ihr herzlich egal. Es zählte allein das Karate. Auch mein Trainer dachte so. Das prägte mich tief in dieser Zeit der Unsicherheit.

Nach dem Anfängerkurs wurde der schwarze Anzug leider immer mehr Thema. Als ein Prüfer sich zunächst weigerte, mich zu prüfen, sollte ich keinen weißen Anzug tragen, wurde mir das zuviel und ich verließ den Verein. Mich nahm das sehr mit und ich überlegte, ob es nicht vielleicht doch eine Schnapsidee gewesen sei, Karate zu trainieren.

Doch ich rappelte mich auf und ging zu einem anderen Verein. Hier wurde ich von allen so akzeptiert, wie ich bin. Das sorgte für einen wahren Motivationsschub. Das Training war körperlicher und anspruchsvoller, was mich dann zum zusätzlichen Kraftsport brachte, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Auch reifte hier mein Entschluss weiter, selbst Trainerin werden zu wollen. Ich befasste mich intensiver mit dem Thema und schaute mir bei meinen Trainern nicht nur ihre Techniken ab, sondern beobachtete auch, wie sie das Training gestalteten.

Ein Trainingsunfall, bei dem sich ein Trainer verletzte sowie eine Verletzung, die einem Prüfling passierte, erschütterten mich tief und nahmen mir Vertrauen ins Training, da in beiden Fällen vollkommen inadäquat damit umgegangen wurde. Klar, Karate ist toll und kommt auch oft cool daher, aber ein Weglächeln und Beiseiteschieben von potentiellen Gefahren und Verletzungen halte ich für falsch. Ich redete mit meinen Trainern darüber und machte Verbesserungsvorschläge, aber hatte nicht den Eindruck, dass ich gehört und ernst genommen wurde. Als noch philosophische Differenzen hinzukamen, war für mich dann auch bei diesem Verein Schluss. Aber wir stehen auch heute noch in gutem, freundschaftlichem Kontakt zueinander.

Es folgte also Verein Nummer drei. Wieder war vieles anders und neu, auch was die Ausführung mancher Techniken betraf. Doch es dauerte nicht lange, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Hier scheine ich auch richtig zu sein: Das Training macht Spaß, wir Schüler*innen werden gefordert und gefördert und auf unseren persönlichen, individuellen Wegen unterstützt.

Auf meinen eigenen Karate-Pfaden, die ich beschritt, spürte ich, dass ich weder eine Superduper- Sportlerin noch Wettkämpferin sein wollte. Ich glaube auch, dass ich das rein körperlich nicht schaffen würde. Außerdem fehlt mir dazu einfach der Drang zum Siegen wollen. Das Messen mit anderen hat mich schon als Kind immer genervt. Aber zu sehen und selbst zu erfahren, wie Wissen gut (!) weitervermittelt wird – und was das mit den Schüler*innen macht – faszinierte mich immer mehr.

Vor allem ein gutes Anfängertraining ebnet den Boden für alles weitere. Denn mit der Zeit werden die Techniken immer komplexer, die Ansprüche an Körper und Geist höher – und all das in einem Leben, welches auch immer wieder Veränderungen unterworfen ist. Ein gutes Anfängertraining federt Motivations- und Leistungseinbrüche, die jede Sportlerin und jeden Sportler mehr als einmal heimsuchen, m.E. genauso gut ab wie erfahrende Liebe und Wertschätzung in den ersten Lebensjahren innerhalb der Familie und der Schule. Es ist ein sehr starker Boden, aus dem viel wachsen kann, wenn man die Chance hat zu wurzeln.

Da dies eine immense Verantwortung für Trainer*innen darstellt, wollte ich auch meinen Werdegang als Trainerin ernsthaft und gründlich angehen. Ich beobachtete also viel, las viel, fragte viel, kritisierte viel, gab selbst kleine Trainingseinheiten – und begann schließlich die offizielle Trainerausbildung. Als ich diese begann, stand ich ziemlich unter Druck, da eine Voraussetzung für die Lizenz der erste Braungurt war, den ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht hatte.

Doch mein Trainer meinte: „Ich find es gut, das du das machst. Wir schaffen das!“ So war es dann auch. Hilfreich war außerdem mein Ex-Trainer des zweiten Vereins, mit dem ich im ständigen Austausch stand und der mich ebenfalls unterstützte. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Sogar mein erster Trainer wirkte noch im Hintergrund, wenngleich ihm das wohl nicht so bewusst ist, da wir uns nur zum alljährlichen Lehrgang mit Schahrzad Mansouri sehen und kurz austauschen. Doch ich denke oft dankbar an meine Anfangszeit zurück und zehre immer wieder davon.

Seit kurzem habe ich nun meine C-Trainerlizenz Breitensport und schließe gerade die Leistungssport-Lizenz an. Ab Anfang Juli werde ich für die Sozialgenossenschaft Karuna e.V. arbeiten und u.a. obdachlosen Jugendlichen Karatetraining geben. Diese profitieren leider viel zu selten von gesellschaftssozialen Strukturen. Sie haben aber die gleichen Bedürfnisse und Wünsche wie jede/r andere auch. Karuna schafft hier – und nicht nur in diesem Bereich – niederschwellige Angebote.

Ich hoffe und habe das Ziel, meinen Schüler*innen etwas von dem mitzugeben, was ich im Karate-Training erfahren durfte. Angenommen sein, körperliches/geistiges/seelisches Wachstum, Gelassenheit, aber auch Gewaltschutz- und Selbstverteidigungsstrategien – und generell einen Boden, auf dem sie persönlich wurzeln und wachsen können. Im schwarzen Anzug. Und dies alles witzigerweise in der Nähe des Vereins, bei dem mein Karateweg einmal begonnen hat.

Mein Tipp an andere:

Wenn du etwas machen möchtest und du die Chance hast, es zu tun – fang einfach damit an und geh deinen Weg. Der Rest wird sich ergeben. Auf dieser großen, weiten und schönen Erde wird es auch immer Menschen geben, die es gut mit dir meinen, dich unterstützen und dich annehmen, so wie du bist. Menschen, die sich mit dir freuen, wenn du dich für eine Sportart begeisterst und dich durch die Höhen und Tiefen des Trainings begleiten. Egal, welches Geschlecht du hast (und welche Farbe du trägst).