Lange Zeit verfolgte Raphaela Radrennen nur als Fan vor dem Fernseher. Doch bei einem Sichtungsturnier nach den paralympischen Spielen 2012, wagte sie selbst den Schritt. Im Interview mit Fan von DIR spricht Raphaela über die Vereinbarkeit von Sport und Beruf, große Ziele und unerwartete Rückschläge. 

Profilbild von Raphaela

Interview mit Raphaela

Wie ist dein sportlicher Werdegang und woher kommt deine Liebe zum Sport?

Schon als Kind habe ich gerne Radrennen im Fernsehen angeschaut und ich war so gerne Radfahren mit meinem Vater. Seit 2016 bin ich in der paralympischen Nationalmannschaft.

Welche Behinderung hast Du?

Ich hatte als Kind einen Gehirntumor. Dadurch bin ich halbseitig gelähmt, mein Gesichtsfeld ist eingeschränkt und ich habe Epilepsie. Das macht das Leben ziemlich kompliziert.

Wie kamst du zum Parasport, vor allem auf Leistungssportlerin Niveau?

Nach den paralympischen Spielen 2012 veranstaltetet der Deutsche Behindertensportverband eine Talentsichtung und ich nahm daran teil und lernte den Sport genauer kennen.

Was macht dir an deinem Sport besonders Spaß? Was motiviert Dich?

Es macht mir viel Freude zu merken, wie schnell ich nur durch meine eigene Kraft unterwegs sein kann und ich bin gerne draußen. Aber Radfahren gibt mir auch das Gefühl, dass es eine Aktivität ist, die ich trotz Behinderung ganz normal ausüben kann. Das geht für mich bei vielen anderen Sportarten nicht. Mich motiviert sehr, wenn jemand hinter mir fährt und ich versuche, ihn abzuhängen.

Wie sieht deine typische Trainingswoche aus?

Am Montag mache ich nur funktionales Krafttraining bei mir Zuhause. Mittwoch und Freitag am Nachmittag arbeite ich inzwischen nicht mehr, um länger trainieren zu können. Samstags bin ich meistens beim Vereinstraining dabei. Es ist immer schön, viele Freunde zu treffen und gemeinsam unterwegs zu sein. Sonntags bin ich nur zu Zweit unterwegs, um nochmal intensiv z.B. an Sprints zu arbeiten. Aber ich gehe auch noch zur Physio- und Ergotherapie, damit sich die Folgen meiner Erkrankung nicht verschlimmern.

Raphaela beim Fahrrad Training

Wo sind die Gemeinsamkeiten / Unterschiede für Dich im Sport für Personen mit Behinderung / ohne Behinderung?

Für mich merke ich keine großen Unterschiede. Ich bin froh, dass kurz darüber gesprochen wird, aber ansonsten fühle ich mich genau wie die anderen auch. Aber ich bin trotzdem dankbar, wenn andere Sportler mich gut auf Gefahren hinweisen, auf die rechte Seite fahren um mir eine Trinkflasche zu reichen oder an schwierigen Abfahrten an meiner Seite bleiben und etwas langsamerer machen.

Was waren deine größten Erfolge?

Meine grössten Erfolge sind die Silbermedaille im Zeitfahren bei der Weltmeisterschaft und den Gewinn der Gesamt World-Cups.

Was sind deine größten Rückschläge?

Kleine Probleme waren Anfangs, dass ich kein Geld für konkurrenzfähiges Material hatte. Das war sehr frustrierend, weil sehr hochwertige Räder wirklich wichtig sind, wenn man schnell sein möchte. Aber ein großer Rückschlag war, dass ich plötzlich an Epilepsie erkrankt bin und es sich dann die Frage stellte, ob ich diesen Sport überhaupt noch ausüben kann. Die Krankheit ist noch immer da, aber mit Medikamenten gut unter Kontrolle.

Raphaela bei einer Radtour

Wie vereinbarst Du Sport und Beruf?

Ich bin im normalen Angestelltenverhältnis, was selten auf diesem sportlichen Niveau ist. Ich habe aber Mittwoch und Freitag am Nachmittag frei fürs Training. Es ist wirklich eine Herausforderung im Beruf und im Sport erfolgreich zu sein, dazu braucht es ein sehr gutes Zeitmanagement.

Wie finanzierst du deinen Sport?

Mit meinem Gehalt als Technische Zeichnerin.

Wie hilft dir der Sport mit deiner Behinderung umzugehen?

Dadurch werde ich allgemein leistungsfähiger, aber ich fühle dann auch weniger, dass ich anders bin, weil ich normal mit anderen Sportlern richtig schnell Fahrrad fahren kann.

Mit welchen Vorurteilen hast du noch zu kämpfen, sowohl aufgrund deiner Behinderung als auch aufgrund deines Geschlechts? 

Keinen.

Inwieweit schreibst du dem Sport eine inklusive Funktion zu?

Oft haben Menschen noch Berührungsängste und im Sport kann man diese ungezwungen abbauen und sich locker kennenlernen. Man lernt auch wie viel Hilfe ein behinderter Mensch wirklich braucht, aber auch, dass man trotz Behinderung ein starker Sportler ist. Das ist sehr hilfreich für das Selbstbewusstsein, das oft nicht so stark ausgeprägt ist, weil man manchmal unangenehm behandelt wird.

Welche großen Ziele hast du noch?

Die Paralympics und das Weltmeistertrikot. Außerdem will ich an einem Tag von Lörrach nach Augsburg radeln.

Ihr wollt mehr über Raphaela erfahren? Dann folgt ihr gerne bei Instagram @nur.rapha