Name: Salome Hermann

Beruf: Ergotherapeutin

Sportbezug: Sitzvolleyball

Heimatverein: Anpfiff Hoffenheim (Facebook) // @sitzvolleyball_hoffenheim (Instagram)

Natio: Sitting Volleyball Germany Women (Facebook) // @sittingvolleyballteamgermany (Instagram)

Salome sitzt auf einem Turnhallenboden während eines Volleyballspiels.

Interview mit Salome

Wie ist dein sportlicher Werdegang und woher kommt deine Liebe zum Sport?

Ich war schon als Kind ein Bewegungsmensch und habe Sport gemacht. Allerdings nie organisiert in einem Verein. Da wir bei uns auf dem Dorf eine Clique hatten, die Sportarten wie Fußball oder Tischtennis gespielt hat, Fahrrad fahren war und vieles mehr gemacht hat, war ich schon immer eher teamorientiert unterwegs.

Wie kamst du zum Parasport, vor allem auf Leistungssportlerin Niveau?

Über einen Freund habe ich von Sitzvolleyball gehört. Ausprobiert habe ich es dann knapp ein Jahr später (2014). In Baden-Württemberg gab es damals keinen Verein, der SiVoBa angeboten hat. Durch die Neugründung von Anpfiff Hoffenheim änderte sich das und ich begann, dort zu trainieren. Da es bundesweit wenige Menschen gibt, die Sitzvolleyball spielen, und davon auch nur ein kleiner Teil Frauen sind, wurde ich recht schnell zu den Maßnahmen der Nationalmannschaft eingeladen.

Was macht dir an deinem Sport besonders Spaß? Was motiviert dich?

Mich reizt die Schnelligkeit und taktischen Möglichkeiten an dem Sport. Dazu liebe ich Ballsport und brauche ein Team um mich. Außerdem kann ich mich auspowern.

Wie sieht deine typische Trainingswoche aus?

Zweimal die Woche habe ich Balltraining. Dazu kommen noch 2-3 Einheiten Kraft und Ausdauer.

Haben deine Familie und Freund*innen dich immer unterstützt?

Ja, sie wissen, was mir der Sport bedeutet und was er mir gibt.

Wo sind die Gemeinsamkeiten / Unterschiede für dich im Sport für Personen mit / ohne Behinderung?

Gemeinsamkeiten sind für mich ganz klar die Freude an Bewegung, am Wettkampf und das Meistern der positiven Herausforderungen, die der Sport mit sich bringt. Unterschiede liegen daran, dass Menschen mit Handicap gewisse funktionelle Bewegungseinschränkungen oder kognitive Schwierigkeiten haben. Es ist nicht jede Sportart für jeden geeignet – egal ob mit oder ohne Behinderung. Allerdings kann man mit etwas Kreativität häufig Modifizierungen vornehmen und ein gemeinsames Sporttreiben ermöglichen.

Was waren deine größte Erfolge?

Der 4. Platz bei der Europameisterschaft 2019. Noch nie hat eine deutsche Frauenmannschaft vor uns das Halbfinale erreicht.

Was deine größten Rückschläge?

Die Halbfinal-Niederlage um das Ticket zu den Paralympics Tokio 2020.

Wie vereinbarst du Sport und Beruf?

Mein Training findet meist abends nach meiner Arbeit statt und tangiert diese nicht. Zu unmittelbaren Wettkampfvorbereitungen und den Wettkämpfen selbst werde ich von meinem Arbeitgeber freigestellt. Für dieses Privileg bin ich sehr dankbar.

Wie finanzierst du deinen Sport?

Kosten, die direkt mit der Nationalmannschaft (Anreise, Unterkunft) verbunden sind, werden weitestgehend vom Verband übernommen. Auch durch meinen Heimatverein erhalten wir für Turniere Zuschüsse. Außerdem gehöre ich dem Team Tokio an meinem Olympiastützpunkt an, hinter welchem regionale Förderer stehen. Natürlich kostet jeder Sport und auch ich habe Ausgaben, aber ich kann mich nicht beklagen.

Die Öffentlichkeitsarbeit finanzieren wir rund um die Nationalmannschaft teilweise mit, aber das ist Herzenssache, denn schließlich wollen wir unseren Sport bekannter machen.

Salome bei einem Volleyball mit ihrem Team.

Mit welchen Vorurteilen hast du zu kämpfen?

Ich habe seit meiner Beinamputation (2001) bisher glücklicherweise nur sehr wenige negative Erlebnisse diesbezüglich gehabt. Eins der größten Vorurteile ist möglicherweise der Gedanke, dass man trotz und mit einem Handicap selbständig und glücklich, mobil und erfüllt leben kann. Die beste Reaktion darauf ist es, es der Gesellschaft vorzuleben und mich nicht zu verstecken.

Wie hilft dir der Sport mit deiner Behinderung umzugehen?

Der Sport lässt mich mein fehlendes Bein komplett vergessen (auch wenn ich sonst im Alltag eine Prothese trage). Ich bin uneingeschränkt auf dem Boden beweglich und durch die Bewegung, Dehnung und Krafteinheiten, kann ich meine Fehlbelastung (prothesenbedingt) viel besser ausgleichen, als wenn ich keinen Sport machen würde. Außerdem zeigt mir mein Körper immer wieder, zu was er fähig ist.

Inwieweit schreibst du dem Sport eine inklusive Funktion zu?

SiVoBa ist einer der inklusivsten Sportarten. Wenn wir in Hoffenheim auf dem Feld sitzen, ist völlig vergessen, wer zwei Beine hat und wem etwas fehlt. Am Netz sitzt du dir auf Augenhöhe gegenüber, du kämpfst gemeinsam um die Bälle, motivierst, jubelst und teilst Niederlagen – unabhängig von (d)einem Handicap.

Insgesamt sehe ich den Sport als ein sehr geeignetes Medium um Berührungsängste, Vorurteile und weitere gedankliche Barrieren abzubauen.

Was würdest du dir für deinen Sport wünschen?

SiVoBa ist eine Randsportart und findet wenig Beachtung. Ich wünsche mir, dass der Sport noch viel bekannter wird, dadurch auch nicht ausstirbt (es gibt nur wenige Vereine in Deutschland) und vor allem, dass Volleyballbegeisterte ohne und mit körperlichem Handicap gemeinsam ihren Sport ausüben können.

SiVoBa eignet sich besonders gut für Menschen mit Fehlbildung/Amputation der Arme oder Beine, aber wir sind nicht behinderungsbezogen – einfach mal ausprobieren!

Welche großen Ziele hast du noch?

Mit Anpfiff Hoffenheim bei einer Deutschen Meisterschaft unter die Top 5 zu kommen und mit der Nationalmannschaft eine Medaille zu gewinnen und am besten zu den Paralympics 2024 zu fahren.

Was wäre dein Tipp an andere und besonders an Personen mit Behinderungen?

Mein Motto „Herausforderungen sind zum Überwinden da“ hat mir schon oft geholfen. Zum Beispiel rauszugehen und meine Beinprothese nicht zu verstecken, oder aber gedankliche Barrieren zu überwinden und auf mein Gegenüber, der vielleicht anders ist als ich, zuzugehen. Oder im Kampf um Hilfsmittel nicht aufzugeben, etc… Wir haben immer zwei Optionen: Zuhause auf dem Sofa unzufrieden sein, oder durch die Tür gehen und etwas anpacken.

Alles, was du noch sagen möchtest:

Du kannst dir unter Sitzvolleyball nichts vorstellen? Dann schau unbedingt in den sozialen Medien bei uns vorbei. Richtig cool wäre auch, wenn du die rasante Sportart einmal ausprobieren möchtest.  

Für weitere Infos meldet euch bei: s.hermann@ail-ev.de