Name: Johanna Recktenwald
Beruf: In diesem Jahr habe ich mein Abitur gemacht und beginne ab September für ein Jahr einen Bundesfreiwilligendienst am Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald
Sportbezug: Athletin im Nordic Paraski Team Deutschland
Disziplinen: Biathlon und Skilanglauf
Facebook: @Nordic Paraski Team Deutschland / @Johanna Recktenwald – Parabiathlon
Homepage: www.nordski.de, www.johanna-recktenwald.de

Profilbild Hannah. Sie steht vor einer weißen Wand und hat die Arme verschränkt.

Johannas Story

Schon von klein auf war ich immer in Sportvereinen aktiv und habe mich in den verschiedensten Sportarten ausprobiert. Gemeinsam mit meiner Familie habe ich auch schon seit meinem zweiten Lebensjahr auf Alpin Ski gestanden. Zum Parasport und Skilanglauf bin ich allerdings erst recht spät gekommen. Im Alter von 14 Jahren (2016) wurde ich gefragt, ob ich Interesse habe, in einem inklusiven Skilanglaufteam mitzutrainieren, mit dem Ziel, bei Jugend trainiert für Paralympics teilzunehmen. Nach dem ersten Training auf Skirollern in der Schulturnhalle war ich gleich sehr begeistert und so stand ich zwei Monate später vor meinem ersten Wettkampf erstmalig auf Langlaufski im Schnee.

In den Jahren danach entwickelte sich alles relativ schnell. Ich besuchte Nachwuchslehrgänge vom Deutschen Behindertensportverband, lernte dort andere Sportler*innen und Trainer*innen kennen und entwickelte den Ehrgeiz, dies auf Leistungssport Niveau betreiben zu wollen. Mittlerweile hat der Sport eine ganz besondere Stellung in meinem Leben eingenommen.

Johanna beim Trainieren auf Rollerskiern,

Ein halbes Jahr nach meinem „Langlaufstart“ begann ich auch mit Biathlon und startete im Winter darauf (2017) bei meinen ersten Deutschen Meisterschaften. Schon ein Jahr später (2018) feierte ich mein Debüt im Weltcup und noch ein Jahr später (2019) gewann ich die Bronze Medaille bei meiner ersten WM.

Dabei gefällt mir sowohl beim Biathlon als auch beim Skilanglauf das Beides sehr vielfältige Sportarten sind und es einfach schön ist, sich auf verschiedenste Weise in der Natur zu bewegen. Hierbei kann man entweder einfach mal abschalten oder sich auch an seine Grenzen bringen und sich Ziele setzen, die man erreichen möchte und um die es sich immer zu kämpfen lohnt. Natürlich bedeutet es aber auch eine Menge Training, denn dieses habe ich fast täglich.

Normalerweise stehe ich morgens recht früh auf und trainiere am liebsten gleich vormittags. An manchen Tagen stehen auch mal zwei Einheiten auf dem Plan. Aber meine Familie und Freund*innen unterstützen mich auch sehr und ohne sie wäre ich nie soweit gekommen.

Johanna und ihr Begleitläufer bei einem Wettkampf. Beide kraxeln auf Skiern einen Anstieg im Schnee hoch.

Vor allem meine Eltern haben mich immer zum Training gefahren und abgeholt und somit ebenfalls viel Zeit und Geld in meinen Sport investiert. Genauso wie meine ganzen bisherigen Begleitläufer*innen, die fast jede Einheit mit mir zusammen machen. Aber auch viele Freund*innen und Bekannt*innen unterstützen mich immer sehr und begleiten mich öfter mal bei Trainingseinheiten.

Als ich noch zur Schule ging, war ich auf einer normalen Regelschule. Hier war es besonders wichtig, ein gutes Zeitmanagement zu haben, um die ganzen Schularbeiten und das Training gut unter einen Hut zu bekommen. Damals waren meine Tage bzw. Wochen immer sehr stark durchgeplant. Nun beginne ich einen Bundesfreiwilligendienst am Olympiastützpunkt. Diese Stelle gibt mir genügend Freiräume, neben meinen Tätigkeiten als BFDlerin, ausreichend Zeit fürs Training zu haben. Dank der Deutschen Sporthilfe und anderer Partner und Förderer lässt sich zudem mit meinem Kaderstatus einiges im Sport ganz gut finanzieren. Zu Beginn hat mich allerdings meine Familie finanziell sehr stark unterstützt und ich hatte mir einen kleinen Nebenjob gesucht.

Für mich ist das Tolle am Sport:  Es spielt gar keine so große Rolle, ob man eine Behinderung hat oder nicht. Am Wichtigsten ist es doch, Spaß und Freude daran zu haben und so entwickelt sich auch Wille und Ehrgeiz. Es sollte in unserer Gesellschaft aber generell keine besondere Rolle spielen, wenn jemand anders ist. Wir alle sind doch verschieden und das macht eine Gesellschaft gerade so vielfältig und interessant. Man sollte keine Berührungsängste haben, sondern offen sein, voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen und ergänzen. Es sollte einfach normal damit umgegangen werden, wenn jemand eine Behinderung hat oder nicht und vor allem sollte einfach ein fröhliches Miteinander herrschen. Der Unterschied ist eben, dass man je nach Behinderung auf besondere Trainingsgeräte, Unterstützung oder Begleitung angewiesen ist und man schauen muss, was / wie viel mit der Behinderung geht. Das erfordert manchmal eben etwas mehr Organisation.

Im Sport können alle miteinander Spaß und Freude haben, sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen. Dabei ist es egal ob man eine Behinderung hat oder nicht, denn jeder Mensch kann manche Dinge besser und manche schlechter. Im Sport zählt einfach der Zusammenhalt und Teamgeist, indem man sich durch die Vielfältigkeit ergänzt. Dieser Gedanke könnte man auf die Inklusion in unserer alltäglichen Gesellschaft auch übertragen.

Für mich ist der Sport eine Chance, die meine Behinderung mir gibt. Ich denke mir immer, dass ich ohne meine Behinderung heute vermutlich keine Leistungssportlerin und der Mensch, der ich heute bin, geworden wäre. Außerdem ermöglicht der Sport mir, so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Geschichten und Behinderungen kennenzulernen und neue Erfahrungen zu sammeln, die in vielen Lebensbereichen wertvoll sind.

Trotzdem wird man vielen Menschen zunächst oft unterschätzt oder sie sind skeptisch, ob oder wie etwas gehen soll. Das stört mich jedoch weniger als das es mich oft sehr motiviert und ich beweise dann, dass es trotzdem immer einen Weg gibt – auch wenn das nicht immer ganz einfach ist. Im letzten Herbst bin ich zum Beispiel relativ schlimm mit den Skirollern gestürzt. Zum Glück habe ich mich nicht schwer verletzt, aber die ganzen Schürfwunden und Schmerzen haben mich dennoch recht lange vom Training abgehalten und ich bin seitdem recht ängstlich bei steileren Abfahrten mit Skirollern. Daran muss ich jetzt mehr arbeiten, dass diese Blockade wieder verschwindet, denn ich habe noch große Ziele. Bereits bei meiner ersten WM 2019 in Kanada konnte ich die Bronzemedaille gewinnen, doch mein großes sportliches Ziel ist es, einmal bei den Paralympischen Spielen teilzunehmen.

Auch für den Parasport generell habe ich noch einige Wünsche. Vor allem, dass die Medien ihm mehr Aufmerksamkeit schenken und dadurch auch die Präsenz und das Interesse in der Gesellschaft zunimmt.

Mein Tipp an andere:

Wichtig ist es, Spaß am Leben zu haben. Dazu gehört es, mutig zu sein und die Dinge, die man sich vornimmt, einfach zu tun und seine Träume zu verwirklichen. Jeder Mensch ist einzigartig und hat eine Sache, die ihn ausmacht und die man gut kann. Daran sollte man sich immer erinnern und festhalten. Natürlich muss man auch mal Rückschläge in Kauf nehmen. Wichtig ist es dann aber, immer wieder aufzustehen und weiterzukämpfen.