Name: Laura Mertens

Beruf: Ergotherapeutin in einer ambulanten Rehaeinrichtung

Sportbezug: aktive Sportlerin, Bundeskaderathletin des Deutschen Ringerbundes

Instagram:    laura_mertens.offical
Facebook:    Laura Mertens / Ringen
Website:       https://sportathleten.de/profil/laura-mertens/

Profilbild Laura Mertens

Lauras Story

Es ist 1998. Ich bin 5 Jahre alt und nehme zum ersten Mal an einem Ringertraining teil. Auf dem Hinweg zur Trainingshalle in Walheim bei Aachen sitze ich nur im Auto, weil mein Vater mich nur Fußball spielen lassen möchte, wenn ich wirklich nicht zum Ringen gehen möchte. Ein Probetraining, dann darf ich machen, was ich möchte. Das war der Deal.

Auf dem Rückweg zurück zu unserem Zuhause in der Eifel bin ich begeistert vom Ringen und denke gar nicht mehr daran, Fußball spielen zu wollen. Warum? Es hat einfach Spaß gemacht sich auszupowern und mit den anderen Kindern geregelt zu rangeln. Damals und heute noch wird man zudem beim Ringen einfach schnell und herzlich aufgenommen und ist, wenn man möchte, schnell Teil einer Sport-Familie.

Doch dieses Training war nicht mein erster Kontakt mit dieser Sportart. Mein Vater und mein Patenonkel haben beide gerungen und mein Opa hat bei den Ligakämpfe des TV-Eintracht Aachen-Walheim die Heimmannschaft angefeuert. Kein Wunder, dass ich schon auf dem Arm meiner Mutter zum ersten Mal „Mattenluft“ gerochen habe.

Mit fünf Jahren also stand ich zum ersten Mal auf der Matte. Mit sechs Jahren bestritt ich mein erstes Turnier. Von da an ging ich dienstags und donnerstags zum Vereinstraining, nahm an Kreis- und Landesmeisterschaften teil und sammelte meine ersten Medaillen. Als ich alt genug war kam ich in den Landeskader und wurde 2005 das erste Mal zu Deutschen Meisterschaften mitgenommen. Ich war so nervös, dass mein gesamter Mageninhalt nach meinem ersten Kampf auf meinem damaligen Heimtrainer Ralph landete. Ralph habe ich viel zu verdanken! Er hat mir das Ringen beigebracht.

Noch heute ist meine Stärke im Ringen meine Technik. Mein Vater hat immer akribisch nachgefragt, ob wir auch viele Techniken üben, aber da brauchte man sich damals beim Jugendtraining in Aachen keine Sorgen machen. In der Zeit, in der ich in der Altersklasse der „Kadettinnen“ (U18) gerungen habe, haben meine Eltern sehr viel Zeit investiert und mich durch die Gegend gefahren. Nach der Schule ging es entweder zum Training auf die Matte (Walheim, Aldenhoven, Dormagen) oder mit meinem Vater ins Fitnessstudio. Sonntags jagten mein Vater, unsere Schäferhündin und ich die Berge in der Eifel hoch und runter. In meinem ganzen Sportdasein waren/sind meine Eltern eine große Stütze. Sie haben mich in allem unterstützt, mir Mut zugesprochen, Erfolge mit mir gefeiert, aber nie Druck aufgebaut.

Nach meinem ersten nationalen Titel und dem dritten Platz bei den Jugendeuropameisterschaften 2008 fragte unser Landestrainer, ob ich nicht aufs neueröffnete Sportinternat nach Knechtsteden wolle. Ich wollte nicht. Noch nicht. Denn ein Jahr später mit dem Wechsel in die Oberstufe, war ich dann doch so weit ins Internat zu ziehen. Am Anfang viel er mir schwer. Ich wollte direkt wieder nach Hause. Doch nach ein paar Wochen habe ich mich eingelebt. Damit ich am Stützpunkt in Dormagen auch alle Förderung voll nutzen konnte, wechselte ich zum AC Ückerath. Ein formeller, aber ein schwerer Schritt für mich, da der Verein einer Sport-Familie gleicht(e). Heute gehe ich noch gerne zu Mannschaftskämpfen und helfe/feiere bei Weihnachts- und Sommerfesten in Aachen. Bei der Eintracht ist der Name Programm. Aber auch dem AC Ückerath habe ich einiges zu verdanken, v.a. unserem damaligen Trainer und heutigen Stützpunktkoordinator Heinz Schmitz, der im Laufe der Zeit den Standort Dormagen bis zu einem Bundesstützpunkt geformt hat. Heute würde ich sagen, dass mein Umzug nach Knechtsteden meine Entscheidung für den Leistungssport war.

Seit 2009 lebe und trainiere ich in der Nähe von Dormagen und gleichzeitig bekam ich die ersten Förderungen. Im Laufe meiner bisherigen Sportlerinnenlebens habe ich eine Menge Unterstützung von verschiedenen Institutionen bekommen, sei es auf Kreis- (Rhein Kreis Neuss, Partner.Sport.Bildung), auf Landes- (Sportstiftung NRW, OSP Rheinland) oder Bundesebene (Sporthilfe).

Laura bei einem Ringwettkampf

Zudem arbeite ich seit 2019 mit dem STAR-4-YOU Sportmanagement zusammen und werde von der FireandSafety GmbH unterstützt. Ohne diese Leute/Einrichtungen wäre es mir nicht möglich, meinen Sport so auszuführen, wie es aktuell ist. Des Weiteren stieg von Jahr zu Jahr mein Trainingspensum. Während der Schulzeit konnte ich im Internat in Freistunden im Kraftraum trainieren, mein Ausbilder ermöglichte mir danach zweimal pro Woche auch vormittags zu trainieren.

Neben dem Sport habe ich eine Ausbildung als Ergotherapeutin gemacht und „Angewandte Therapiewissenschaften“ studiert. Aktuell trainiere ich neun bis zehn Mal pro Woche, dazu gehören spezifische Einheiten auf der Matte, Kraft-, Athletik- und Ausdauertraining. Für meinem Arbeitgeber ist das kein Problem. Als leistungssportfreundliches Unternehmen bietet mir die medicoreha die Möglichkeit, meine Arbeitszeiten an mein Training anzupassen. Meine Ausfälle durch Lehrgänge und Turniere werden von der Sporthilfe getragen (Verdienstausfall). Ich bin froh, dass ich dank meines Arbeitgebers und der Sportstiftung NRW einen Beruf neben dem Sport erlernen konnte / ausüben kann, der mir Spaß macht. Für mich ist die Arbeit ein gutes Pendant zum Ringen. Hier kann sich mein Kopf auch mal mit anderen Dingen beschäftigen und mit meinem Patienten und Kollegen über „normale“ Themen quatschen.

Bis jetzt hört sich alles so komplikationslos an, doch natürlich gibt es immer auch Situationen, in denen man auch Entbehrungen hinnehmen muss und die mich an meinem Weg haben zweifeln lassen. Sei es als Jugendliche z.B. die Treffen am See oder im Kino absagen zu müssen (obwohl man bei 35 Grad lieber dorthin als zum Training gehen würde), Geburtstage und Familienfeiern zu verpassen oder geliebte Menschen viel zu selten zu sehen. Aber ich freue mich, wenn ich nach meinen „Karriereende“ diese Momente ungeachtet dem Sport planen und genießen kann. Warum ich nicht dann schon längst aufgehört habe? Es gibt nicht den einen Grund. Die Faszination am Sport und dem Ringen selber, die damit verbundenen Reisen und Lebenserfahrungen, die Möglichkeiten an Events teilzunehmen, die man eben als Nichtsportler nicht hat, die entgegengebrachte Wertschätzung von Institutionen und Menschen sowie die Emotionen gehören auf jeden Fall dazu.

Apropos Emotionen. Die schönsten Gefühle erlebt man im Sport natürlich dann, wenn man Erfolge feiern kann. Nach meinem 4.Platz bei den olympischen Jugendspielen (2010) und weiteren nationalen Titel im Jugendbereich, kamen eher unerfolgreichen „Juniorinnenjahren“. Dann etablierte ich mich in der Erwachsenenklasse, konnte auch hier Deutsche Meisterin werden. Kurz vor der Qualifikation für die Olympsichen Spiele in Rio 2016 erlitt ich eine Knieverletzung und konnte diese nicht beschreiten. 2017 feierte ich meinen größten Erfolg bei den Europameisterschaften (3. Platz). 2018 bekomme ich Hüftprobleme, 2019 werde ich operiert und kann nur sechs Monate vor der Qualifikation für Tokio 2020 wieder auf die Matte.

Ich war immer eine „Nervenbündel“, aber diese Situation schien für mich unlösbar. Also fing ich mit einem Sportpsychologen von OSP an meinen Glaubenssätzen zu arbeiten. Das tat mir und meiner Leistungsfähigkeit gut. Der erste Erfolg der Zusammenarbeit war, dass ich mich wieder als nationale Nr. 1 in Deutschland in meiner Gewichtsklasse etablieren konnte und für die Qualifikationsturniere für Tokio nominiert wurde …und dann kam Corona. Fünf Tage vor dem ersten Qualifikationsturnier begann der erste Lockdown und alles wurde abgesagt. Natürlich war ein wenig enttäuscht, aber insgesamt war ich froh, dass die Spiele verschoben wurde, da ich eine Durchführung nicht vertreten hätte können. In der damaligen Situation musste aus meiner Sicht der Sport den Kürzeren ziehen. Das Wohl und die Gesundheit der Gesellschaft sind da wichtiger. Ich habe das zusätzliche Jahr als Chance für mich gesehen und genutzt, um nach der Verletzung mehr Zeit zum „Aufholen“ zu haben. Jetzt hoffe ich, dass mit einem sehr guten Hygienekonzept die Spiele stattfinden können.

Es ist 2021. Mein sportlicher Weg hat vor knapp 23 Jahren begonnen. Ich habe viel erlebt, Rückschlägen trotzen müssen (aber wer muss das nicht? 😉), blöde Kommentare geschluckt und habe gelegentlich Unverständnis für meine Passion für den Sport erhalten. Doch meine innere Stimme und der Support meiner Begleiter haben mich durch diese Phasen geführt. Ich konnte Erfolge feiern, Länder bereisen und viele schöne und lustige Momente erleben. Mein Ziel ist die erfolgreiche Teilnahme an den Spielen in Tokio. Wie es danach weitergeht? Ich bin selber gespannt…

Mein Tipp an andere:

Es gibt immer Erfolge und Misserfolge im (Sport-)Leben. Letztere sollten dich nicht zwingend an deinem Handeln zweifeln lassen. Wenn du im Großen und Ganzen glücklich und zufrieden bist, dann bist du auf dem richtigen Weg.

„Wenn der Weg, den Du gehst schön ist und Dich glücklich macht, dann frag nicht wohin er Dich führt, sondern geh ihn einfach!“ (Urheber, unbekannt)