Name: Vanessa Schmitz
Beruf: Schülerin
Sportbezug: Boxen
Homepage: boxring-hilden.de
Social Media: @boxringhilden (Instagram & Facebook)

Vanessas Story

nDer Gedanke mit dem Boxen anzufangen, kam mir 2014, da ich einfach mal etwas Neues ausprobieren wollte und mich Kampfsport schon immer gereizt hat. Meine Eltern empfanden es nur als eine Phase. Sie dachten, dass ich schnell wieder die Lust daran verlieren würde. Tja, falsch gedacht. Ich hielt den Gedanken weiterhin fest und informierte mich per Internet über Vereine in meiner Umgebung, die Kampfsport anbieten. So bin ich auf den Boxring Hilden gestoßen.

Meine Eltern haben trotz ihrer Vorbehalte einen Termin für ein Probetraining für mich vereinbart und so ging es im Januar 2015 für mich los. Ich habe schnell gemerkt, dass Boxen tatsächlich sehr männerdominant ist. Aber das war auch eins der Dinge, die mich an diesem Sport gereizt haben: Ich wollte einfach zeigen, dass Frauen genau so viel drauf haben wie Männer. Da ich mehr wollte als nur ein paar Trainingseinheiten ein paar mal die Woche, beschloss ich – in Absprache mit meinen Eltern und Trainern – in Zukunft auch bei Wettkämpfen anzutreten.

Fast anderthalb Jahre habe ich auf meinen ersten Kampf hin trainiert. Und die harte Arbeit hat sich gelohnt: Ich erkämpfte in meinem ersten Kampf meinen ersten Sieg und beendete den Kampf auch noch vorzeitig in der 2. Runde. Es folgten fünf weitere Kämpfe, die ich entweder durch Punkte oder vorzeitig gewann. Durch meine Erfolge bei der NRW Meisterschaft 2017 qualifizierte ich mich für die deutsche Meisterschaft in Cottbus im Oktober des gleichen Jahres.

Durch die leider immer noch geringe Frauenquote beim Boxen, ist das Teilnehmerfeld bei vielen Wettbewerben entsprechend klein. Das Gute daran: Ich stand direkt im Halbfinale der deutschen Meisterschaften, da es nur ein Viererfeld gab. Trotzdem nahm ich das Turnier nicht auf die leichte Schulter und bereitete mich monatelang akribisch vor: cleane Ernährung, um mein Gewicht zu halten, plus sechs mal die Woche Training für Kondition und Technik.

„Und wofür?“, fragten mich viele, „Warum quälst du dich so mit dem Essen und dem Training?“ Diese und noch weitere Fragen werden mir gestellt, während ich mich immer und immer wieder auf irgendwelche Wettkämpfe oder Turniere vorbereite, obwohl man sich selbst einen Tag davor nicht sicher sein kann, ob die Gegnerin wirklich antritt. Meine Antwort ist immer die Gleiche: Ich mache das für mich, meinen Körper und meinen Geist.

Den Spruch: „Oh, da muss ich aber jetzt Angst vor dir haben“, hörte ich selbst von meinen Lehrern. Aber Boxen ist so viel mehr als sich nur auf die Schnauze zu hauen. Zum einen ist natürlich die körperliche Fitness ein wesentlicher Bestandteil, zum anderen muss man aber auch den Geist fit halten, denn ohne gesunden und trainierten Geist kann man den Druck im Ring nicht standhalten und dann ist die körperliche Fitness auch egal. Klar hat man ein Team, mit dem man trainiert und auch Sparring mit Jungs gehört dazu, aber im Ring ist man auf sich allein gestellt.

Vor jedem neuen Kampf stehe ich neben meinem Trainer, zitternd vor Nervosität, und warte darauf, dass ich endlich in den Ring steigen kann, wo man alles gibt, was man hat. Es ist schwierig, eine Routine in die Kämpfe reinzubringen, da es eben auf das Alter und die Gewichtsklasse ankommt. Zudem ergeben sich aufgrund der geringen Frauenquote nicht so oft Kämpfe und auch im Training fehlt es oft an einer geeigneten Sparringspartnerin.

Auf der deutschen Meisterschaft bestritt ich meinen 7. Kampf und erlitt dort meine 1. Niederlage. Ich war deswegen echt am Ende. In dem Moment habe ich mich dann gefragt, wofür ich das ganze gemacht habe, wofür ich mich solange gequält habe. Aber der größte Fehler, den man nach einer Niederlage machen kann, ist es, aufzugeben.

Es gibt immer einen, der besser ist als man selbst. Auch das war eine Lektion, die ich lernen musste. Die mich aber nicht entmutigt hat. Im Gegenteil. Inzwischen habe ich 10 Kämpfe mit 8 Siegen bestritten, was für ein Mädchen mit drei Jahren Kampferfahrung schon sehr gut ist. Trotzdem möchte ich gerne im Amateurbereich bleiben und strebe keine Profikarriere an.

Viele Leute reagieren ängstlich dem Boxen gegenüber. Die meisten kennen nur die Klitschko Kämpfe aus dem Fernsehen und assoziieren mit dem Sport Blut und Schmerzen. Aber hinter den Kämpfen, auf die man sich wochen- bzw. monatelang vorbereitet, steckt so viel mehr.

Was Verletzungen angeht, muss man sich vor allem als Mädchen keine wirklichen Sorgen machen. Sowohl als Mädchen als auch als Frau trägt man beim Training und im Kampf einen Mund- sowie Kopfschutz. Zwar sind Verletzungen nicht vollkommen ausgeschlossen, aber daraus lernt man und entwickelt sich weiter. Da gehört es auch mal dazu, mal mit einem blauen Auge nach Hause zu kommen oder mit Kieferschmerzen. Meistens ist das aber alles halb so wild.

Mittlerweile gehört der Sport zu meiner festen Alltagsroutine: Essen, Training, mich auf Wettkämpfe vorbereiten… Es ist für mich zu einem Lifestyle geworden, den andere vielleicht nicht immer verstehen können. Aber die Leute, die mich kennen, wissen, wie viel mir der Sport bedeutet, da es eben nicht nur ums umhauen geht, sondern um meinen Geist und Körper.

Vor allem hat jeder Mensch immer mehrere Facetten. Bei mir gibt es die Box-Vanessa, die voll hinter ihrem Sport steht. Aber auch eine andere Vanessa. Die, die das alles komplett außer Acht lässt. Es liebt Essen zu gehen und einfach mal zu Hause zu sitzen und nichts zu tun. Auch sündigen und sich auszuruhen gehört zum Leben dazu. 

Oftmals ist es ehrlicherweise nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bekommen: Abiturprüfungen, Training, meine ehrenamtliche Arbeit und auch meinen Nebenjob. Bisher hat es alles funktioniert, da ich durch die Schule einen immer gleichen Alltag hatte. Was die Zukunft bringt, weiß ich noch nicht. Sicherlich wird einiges wegfallen. Aber eins weiß ich: das Boxtraining soll auch weiterhin ein nicht unwichtiger Bestandteil meines Lebens bleiben!

Mein Tipp an andere:

Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr einen neuen Sport ausprobiert. Lasst euch nicht davon beeinflussen, ob ihr am Anfang vielleicht noch nicht ganz so erfolgreich seid oder ihr irgendwelche Sprüche gedrückt bekommt. Solange es euch Spaß macht, ist es egal, was andere von euch denken. Lernt den Sport und all seine Facetten kennen, bevor ihr darüber urteilt. Meist steckt da viel mehr hinter, als man auf den ersten Blick sieht.